§. [286] 278.

Hier entsteht nun die Frage, welches dieser für theils gewisse, theils sanfte Hülfe angemessenste Grad von Kleinheit sey; wie klein also zum Behufe der besten Heilung die Gabe jeder einzelnen, für einen Krankheitsfall homöopathisch gewählten Arznei seyn müsse? Diese Aufgabe zu lösen und für jede Arznei insbesondre zu bestimmen, welche Gabe von ihr zu homöopathischem Heilzwecke genüge und doch so klein sey, dass die sanfteste und schnellste Heilung[286] dadurch erreicht werde – diese Aufgabe zu lösen, ist, wie man leicht einsehen kann, nicht das Werk theoretischer Muthmassung; nicht vom grübelnden Verstande, nicht von klügelnder Vernünftelei lässt sich die Auflösung dieser Aufgabe erwarten. Einzig nur reine Versuche, sorgfältige Beobachtung und richtige Erfahrung kann diess bestimmen, und es wäre thöricht, die grossen Gaben unpassender (allöopathischer) Arznei der alten Praxis, welche die kranke Seite des Organisms nicht homöopathisch berühren, sondern nur die von der Krankheit unangegriffenen Theile angreifen, gegen dasjenige anführen zu wollen, was reine Erfahrung über die nöthige Kleinheit der Gaben zum Behufe homöopathischer Heilungen ausspricht.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst. Dresden, Leipzig 51833, S. 286-287.
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