Gute gesunde Augen

[161] sind eine herrliche Gabe Gottes, sie verschönern uns das Leben mehr als jeder andre Sinn, indem sie jedem Gegenstande erst seinen wahren Werth geben, und uns dadurch die angenehmsten, dauerndsten Genüsse gewähren.

Sollten wir uns darum nicht eifrig bestreben, unsre Augen gesund zu erhalten und alles zu vermeiden, was ihrem Glanze, ihrer Schönheit so wie besonders ihrer Sehkraft verderblich seyn kann? Leider wird in dieser Hinsicht sehr häufig mit unverantwortlichem Leichtsinne verfahren, meistentheils aber aus Unwissenheit dessen, was dem Auge zuträglich oder schädlich ist; ich will versuchen, beides auseinander zu setzen.

Lichtstoff ist es allein, der dem Auge die Empfindung des Sehens giebt, aber[162] soll er wohlthätig seyn, so muß er dasselbe gemäßigt treffen, das heißt, er muß nicht blendend, wie z.B. die Sonne oder ein in der Dunkelheit plötzlich das Auge berührender Lichtstrahl, auf dasselbe wirken.

Ueberhaupt schwächt der schnelle Wechsel von Helle und Dunkelheit das Gesicht außerordentlich, während ihm ein gleichmäßig vertheiltes, sanftes Licht wohlthut.

Eine zu lange Anstrengung der Augen, Nachtwachen, zu kleines Schreiben, Lesen in der Dämmerung muß besonders der vermeiden, welcher von Natur ein schwaches Gesicht hat.

Ein reines, frisches Quellwasser stärkt die Augen ungemein; man darf daher nie versäumen, dieselben Morgens damit zu waschen, und auch am Tage ist ein öfteres Waschen sehr zuträglich, nur darf das Gesicht nicht erhitzt seyn, indem es in diesem Falle nur schädliche Folgen haben würde.[163]

Einen großen Einfluß übt eine geregelte oder im Gegensatze eine unordentliche Lebensweise, auf die Augen. Wenn Leute, welche eine sitzende Lebensart führen, oft schwerverdauliche, feste und erhitzende Speisen und Getränke genießen, und dadurch den Andrang des Blutes nach dem Kopfe leiten, so ist es eine ganz natürliche Folge, daß bei wiederholter Geistesanstrengung dieser Andrang immer vermehrt wird und so der Sehkraft außerordentlich schadet; hitzige Getranke oft und im Uebermaaß genossen haben einen entschieden bösen Einfluß auf die Augen und dieß besonders bei jungen, vollblütigen Leuten.

Eine zweckmäßige Diät, welche das Blut in dem gehörigen, ruhigen Kreislaufe läßt, ist daher ein Vorbauungsmittel gegen Augenübel und man wird selten mäßige Leute über diese klagen hören, wenn sie nicht schon von Natur ein schwaches Gesicht haben.[164]

So wie eine mäßige Uebung der Augen gute Folgen hat, indem sie dadurch gestärkt werden, so sehr schädlich ist es aber auch, wenn man sie, wie schon oben gesagt, zu sehr anstrengt. Dieß geschieht besonders, wenn man gute, gesunde Augen hat, sie aber entweder nicht oder über-schätzt, und so auf ihre Kräfte losstürmt ohne die traurigen Folgen zu bedenken.

Leider ist Augenschwäche ein jetzt allgemein herrschendes Uebel, welches theils aus obigen Ursachen, theils auch öfters von Natur, theils und besonders aber aus Verweichlichung und Schwäche des Körpers, der Nerven, herkommt; ein starker kräftiger Mensch, dessen Körper durch nichts geschwächt ist, wird auch nicht über Augenschwäche klagen, aber der Weichling, welcher durch unordentliche, ausschweifende Lebensart, oder durch häufigen Genuß hitziger Getränke die Nerven überreitzt und[165] geschwächt hat, er wird die traurigen Folgen davon zuerst an den Augen empfinden.

Im Allgemeinen hüte man sich daher 1) vor zu starker Anstrengung der Augen, 2) vor einer Lebensweise, welche nothwendig schwächend auf sie wirken muß, 3) vor Rauch, Staub und scharfen Dünsten, welche bedenkliche Folgen haben können, 4) vor zu plötzlicher Abwechselung des Lichtes mit dem Dunkeln.

Dagegen wird man denselben wohl thun 1) durch mäßigen Gebrauch, besonders in frischer Luft. 2) Durch Waschen mit reinem, kalten Quellwasser, 3) durch ein möglichst gleiches Licht und dann vorzüglich 4) durch eine vernünftige Diät.

Was das häufige Tragen der Brillen anbetrifft, so versteht es sich von selbst, daß ein junger Mann, welcher eine solche trägt ohne ihrer zu bedürfen, nur ein Geck seyn[166] kann – daß dagegen der zu bedauern ist, welcher aus Kurz- oder Weit-Sichtigkeit sich der Brille bedienen muß. Den letzteren ist die größte Vorsicht in der Wahl der Gläser anzurathen, indem sowohl zu schwache als auch zu starke, diese aber vorzüglich, den Augen schädlich sind – ein geschickter Augenarzt ist dabei nothwendig, indem sich darüber nur bei genauer Kenntniß des Uebels urtheilen läßt.

Unsre jungen Herren, bei denen meistentheils schon Schwäche vorhanden ist, müssen sich nun vorzüglich bestreben, durch reifliche Ueberlegung des Vorhergesagten das Mittel kennen zu lernen, welches ihr Auge wieder stärkt, gesund unb schön macht. Cin offnes schönes Auge ist unbezweifelt ein Hauptstück zum Gefallen, ein mattes, trübes dagegen erweckt immer ein ungünstiges Vorurtheil – die Augen sind die stumme Sprache der Seele.[167]

Bei nur irgend gefährlich scheinenden Augenkrankheiten muß sogleich ein verständiger Arzt zu Rathe gezogen werden, Recepte gegen bedeutende Uebel will ich nicht hinzufügen, sie würden mehr schaden als nützen, indem es der Krankheiten des Gesichts zu viele und zu verschiedene giebt, und ein verfehltes Mittel die bösesten Folgen haben konnte; einige Recepte gegen unbedeutende Zufälle, welche aber doch mit Schmerzen verbunden sind, sind die folgenden.

Gegen rothe, entzündete Augen, sie mögen in diesen Zustand durch Erhitzung oder Staub gekommen seyn, dient das Waschen mit Kornblumenwasser, oder eine Mischung von 2 Theilen Baumöl, 1 Theil rothen Essig und einiger Messerspitzen voll Goldglätte, womit man die Augen öfters bestreicht.

Gegen Augenschwäche ist folgendes[168] Mittel vorzüglich: Rheinwein, Rosenwasser und Wegebreitwasser, von jedem 6 Loth; werden mit 2 Quentchen präparirter Tutia und 11/2 Quentchen Myrrhen bis auf die Hälfte eingekocht. Darauf thut man 8 Gran Kampfer in ein leinenes Säckchen, läßt dieß einige Augenblicke mit aufsieden, und seihet dann die Flüssigkeit, ohne sie jedoch auszupressen, durch ein reines Tuch. Nach der Ansicht berühmter Aerzte wird dieß Augenwasser von keinem andern an Wirksamkeit übertroffen.

Das durch Hitze, oder Nachtwachen, oder Staub verursachte Aufschwellen der Augen vertreibt man leicht durch einen Aufguß siedenden Wassers auf Ysopblätter, womit man, wenn er kalt geworden ist, die leidenden Augen oft benetzt.

Bei gefährlichen Uebeln verweise ich nochmals auf einen verständigen Augenarzt.


Quelle:
Hoffmann, Karl August Heinrich: Unentbehrliches Galanterie-Büchlein für angehende Elegants. Mannheim 2[1827], S. 161-169.
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