Neunundzwanzigstes Kapitel

Meldungen für Stellungen.

[108] Wenn man sich irgendwo um eine Stellung bewirbt, sei es brieflich, sei es persönlich, so bemerke man in möglichst höflicher, aber bestimmter Weise, was man zu leisten imstande ist, und was man demgemäß für Ansprüche macht.

Ein zögerndes Zurückhalten ist bei dieser Gelegenheit durchaus nicht am Platz.

Je klarer vorher die gegenseitigen Rechte und Pflichten erörtert sind, je besser ist es für ein späteres gegenseitiges Verhältnis.

Man soll, wenn man sich um eine Stellung bemüht, nicht übertrieben freundlich, nicht zu reserviert sein.

Man soll nicht zu viel versprechen, nicht zu hohe Honorarforderungen stellen.

Man soll mit seinen Leistungen nicht zu schüchtern zurückhalten, nicht zu bescheidene Honorarforderungen machen.[108]

Ein freies ungezwungenes Benehmen, ohne Überhebung, ist bei solcher Gelegenheit am angemessensten.

Man soll andere Bewerber nicht wissentlich zurückdrängen, um selbst angestellt zu werden. Das ist gegen den guten Ton.

Man soll einmal eingegangene Verträge nicht ohne besonderen Grund leichtfertig und launenhaft wieder lösen.

Man soll sich nicht für Stellungen melden, die man nicht auszufüllen imstande ist.

Man soll bei brieflichen Meldungen nur die Abschriften seiner Zeugnisse beilegen.

Man soll sich behufs Engagement nur an die angesehensten Vermittlungsbureaus wenden.

Damen sollen besonders vorsichtig Stellungen eingehen.

Man soll sich auf Annonce so schnell wie möglich melden.

Man soll möglichst pünktlich an Orten sich einfinden, wohin man behufs Anstellung bestellt war.

Man soll betreffs eines einzugehenden Engagements andere nicht zuviel um Rat fragen, sondern möglichst nach eigenem Dafürhalten handeln, da man ja doch persönlich am besten wissen muß, was man will und was man kann.

Herren sollen gegen Damen, die Engagement bei ihnen suchen, höflich und sachgemäß sich benehmen.[109] Das unhöfliche Betragen eines Herrn gegen ein weibliches Wesen, wes Standes sie auch sei, ist durchaus gegen den guten Ton und fällte stets auf den betreffenden Herrn zurück.

Man soll jemand, der keine Neigung zeigt, bei einem in Stellung zu treten, nie dazu drängen.

Man soll eine Stellung möglichst vorurteilsfrei und pünktlich antreten.

Man soll, wenn auch zu Beginn einer Stellung etwas Geduld auf beiden Seiten am Platz ist, dennoch von vornherein gegenseitige Pflichten und Rechte feststellen. Später ist dies schwieriger.[110]

Quelle:
Kallmann, Emma: Der gute Ton. Berlin 1926, S. 108-111.
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