»Herr der Schöpfung!«

[9] (Vor Aufgehen des Vorhangs. Letzte Kontroverse im Parkett.)


Sie: ... nein, mein Lieber, es gibt keinen »Adam in der Vollendung«! Vergleichen Sie einmal: Paris, Petronius, Ovid, Tristan, Romeo, Walter vonder Vogelweide, Don Juan Casanova – sie wandelten sich in: Dandies, Snobs, Gents, Ladieskillers, kurzum in vauriens. Was für ein Rückzug, welch traurige Perspektive!


»Herr der Schöpfung!«

Er: Nicht gleich so heftig und vorwurfsvoll! Kritik bedingt stichfeste Begründung. Eva als Staatsanwalt – allzu strenge Richterin unserer Schwächen – eigenmächtige Herrscherin ...

Sie: Absolut ungewollt, gar nicht eigenmächtig. Da »er« nicht mehr wollte, griff »sie« eben zum Zepter.

Er: Wie beweisen Sie das?

Sie: Ein Blick in die Welt genügt!

Er: Vielleicht ging alter Glanz zum Teufel, zugegeben. Doch wir nähern uns bereits neuen Grenzen. Mißachtete Kultur droht mit unserem Bankrott. Verabsäumtes wird nachgeholt, seien Sie überzeugt. Ihr Frauen gingt zwar voraus, leichtfüßig und erfolgreich – wir folgen noch bedächtig, aber bewußt, bekehrt und fest entschlossen, euch zu überflügeln, die ihr dem Ziel bedenklich nahegerückt ...

Sie (ihn unterbrechend): Unser sehnlichster Wunsch ist: zurück zum »Herrn der Schöpfung«, wie die Natur es befiehlt. Aber ich fürchte, alles Gesagte sind nur Worte, Begriffe, Erwartungen – geben Sie sich ruhig geschlagen!

(Klingelzeichen, es wird dunkel.)

Er (schnell): Geduld, meine Schöne, die Handlung beginnt, »der vollendete Adam« in der Gestalt unserer Tage liegt vor Ihnen aufgerollt – ist in Ihre Hand gegeben – – – da, urteilen Sie selbst!

(Der Vorhang hebt sich.)[9]

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 9-10.
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