Die Hausfrau [88] à deux côtés.

Wundern Sie sich nicht, gnädige Frau, so paradox es klingt, so zeitgemäß ist es! »Mondän« und »Hausfrau-sein« läßt sich vorzüglich verbinden. Trauen Sie nicht dem Kopfschütteln greiser Tanten, die kategorisch behaupten, um Herrin des Haushaltes zu bleiben, brauche man täglich mindestens zwölf Stunden.

Keineswegs! Alles geht doppelt so schnell und meist doppelt so gut wie früher. Legen Sie das Wort »Tempo« nicht falsch aus – es hat nichts mit Oberflächlichkeit oder Huschligkeit zu tun – Tempo bedingt: Konzentration in vermehrter Auflage, verbietet Trödelei – Nachlässigkeit.

Es ist ja so leicht: eine Stunde am Morgen, eine Stunde am Abend, ein gewandtes Mädchen, und der Haushalt läuft. Aber diese zwei Stunden: Zeit nehmen, alles besprechen, alles erledigen, alles anordnen, was gestern fehlte, vorgestern auffiel und heute morgen nicht klappte. Am allerbesten ist: Aufschreiben! Das macht gar keine Arbeit und verhindert Entschuldigungen: »Ich habe das falsch verstanden«, »Gnädige Frau haben sich geirrt«, »Ich dachte, es wären nur drei Personen« usw. usw.

Und ist einmal mehr zu tun, außergewöhnlicher Ereignisse wegen (um von großer Wäsche, Aufräumen und Einmachen ganz zu schweigen), wird man selbst Hand anlegen – man lernt immer etwas davon – aber das Stubenmädchen meist auch. Je größer der Haushalt – nicht: je schwieriger – sondern: je einfacher – die Regie. Der kommende Tagesbefehl wird abends oder zeitig morgens zu Protokoll gegeben und die Armee marschiert.

»Gnädige Frau, glauben Sie mir, Sie haben unendlich viel Zeit, à deux côtés zu changieren – unendlich viel Zeit, so mondän zu sein, ›wie es Ihnen gefällt!‹«[89]


Die Hausfrau à deux côtés

Quelle:
Reznicek, Paula von: Auferstehung der Dame. Stuttgart 7[o.J.], S. 88-90.
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