»Aber so melden Sie sich doch!«

[94] » ... ich warte schon seit einer halben Stunde, da muß man ja verrückt werden, und das alles wegen einer einzigen Nummer, – ist ja toll!«

Ach, das Telephon! Daß man so leiden muß! Doch geht es einmal kaputt, ist man erst recht völlig aufgeworfen.

Geliebter treuer Apparat, du größter Quälgeist, aber du Retter in der Not, du »Indiskretin« und »Postillon d'amour«. Jeder von uns ist ersetzbar, wenn er stirbt, aber du bist unentbehrlich!

Nur dein Ton ist aufreizend – man schreckt unwillkürlich aus dem Schlaf auf: »Wer kann das sein – richtet das Mädchen auch richtig aus? Um des Himmels willen, wenn es aber jemand anders ist – man könnte was verpassen, um alles in der Welt keine Verwechslungen!«

Aber dann bist du wieder von phantastischer Zärtlichkeit. Da singst und flötest du sozusagen. Man kann dein Surren nicht erwarten, man springt elektrisiert auf und reißt dich an sich – was willst du mehr?

Mitunter muß man dich verleugnen – dich einfach nicht kennen, sich suggerieren, daß du nicht existierst. Es ist gemein, zugegeben, aber verlaß dich darauf, wenn man immer und bereitwilligst bei jeder Bagatelle zur Stelle wäre, unnötigerweise seine Lippen auf deinen schwarzen Kelch legt, dann würde man dich bald ganz meiden und überbekommen, und das mag man eben nicht, du verstehst!

Jetzt will man dich auch zu einem Fernseher kultivieren. Laß das unter keiner Bedingung zu: gerade die Stimmen sind es, die unsere Illusionen erhalten, und was unsere Ohren glauben, sollen unsere Augen nicht zerstören, bleib so, wie du bist, geliebter treuer Apparat![94]

Quelle:
Reznicek, Paula von: Auferstehung der Dame. Stuttgart 7[o.J.], S. 94-95.
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