Und am Wochenende?

[98] Gott sei Dank – wir haben das Wort gefunden, das uns das gibt, was wir seit Jahren suchen: »weekend«! Besonders wir, die wir in Großstadtmauern darben, so mit der Sucht: ... Luft, Luft und Natur über Natur!

Nicht wahr, Sie spielen auch mit dem Gedanken? Man spielt immer damit: ein kleines Dreizimmerhäuschen, ganz nach eigenen Ideen, ausgesuchtem Geschmack – man sieht es schon vor sich – am Waldende vor dem See, inmitten eines selbstangelegten Staudengartens. Mit Giebel natürlich, oder lieber nach japanischer Art? – letzter Schrei. Man muß überlegen. Diele, Eß- und Wohnzimmer als ein Raum – geht vorzüglich, ein Schlafraum, natürlich Riesenlotterbett, eingebaute Waschgelegenheiten, ein Gast- oder Kinderzimmer, Miniaturküche – herrlich!

Das Herz wird einem so schwer gemacht. In allen Läden die verlockendsten Dinge: fürs Wochenendheim, fürs Landhaus, ach – und noch ist man nicht so weit. Noch weiß man nicht: wo! Noch fährt man Sonnabend um Sonnabend kreuzweise in die Gegend. Das gibt Stoff zu debattieren: »Ich bin für S. – gleich hinter dem Kurhaus, so nah von der Stadt.« – »Bloß nicht nah von der Stadt, und möglichst ohne Leben. Ich finde die Berge von M. bedeutend reizvoller als den winzigen See.« – »Aber ich bitte dich, winzig – dreitausend Meter –« – »Gehen wir doch probeweise nächste Woche mal nach L., dort soll es am idyllischsten sein.« – »Kein Gedanke, K. gilt als unübertrefflich.«

»Wer die Wahl hat« – und was gibt es nicht alles für begehrenswerte Orte! Man kommt zu keinem Entschluß – aber sucht, fährt hinaus, genießt, spinnt Pläne, überlegt und wiegt sich in Phantasieschlössern, die doch am Ende einmal zu kleinen »Weekend-Häuschen« werden.
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Und am Wochenende

Quelle:
Reznicek, Paula von: Auferstehung der Dame. Stuttgart 7[o.J.], S. 98-100.
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