Vom Benehmen im Schulhaus, gegen die Lehrer und Mitschüler.

[17] Vor dem Betreten des Schulhauses reinige man die Schuhe so gründlich wie möglich. Die Haustür und alle anderen Türen schließe man leise. Gehe stets langsam und möglichst geräuschlos. Auf Treppen halte Dich stets rechts und gehe von Stufe zu Stufe. Springen und schnelles Gehen kann bei dem regen Verkehr in der Schule leicht zu Unglücksfällen führen.

Übe überall größte Sauberkeit. Das Wegwerfen von Papier, Brot, Wurstschalen, Obstüberresten auf Treppen, Gängen oder gar in den Klassenzimmern ist unanständig und unbedingt zu unterlassen. Diese Dinge gehören in den Papierkorb. Für den Auswurf benutze stets die aufgestellten Spucknäpfe. Auch im Abort halte man auf größte Sauberkeit.

Schone die Bänke, Stühle, Lehrmittel und sonstigen Inventarstücke der Schule. Schmiere nirgends Deinen Namen an; denke immer an das Sprichwort: Narrenhände beschmieren Tisch und Wände. Sei auch gegen den Schulwärter höflich und zuvorkommend.

Es sei Dir als wohlerzogenen jungen Mann eine unbedingte Ehrenpflicht, die durch Unterschrift oder Handschlag anerkannte Schulordnung in allen ihren Bestimmungen gewissenhaft und treu einzuhalten.[17] Sei immer eingedenk, daß von der tadellosen Führung und Haltung eines jeden Schülers in und außerhalb der Schule der gute Ruf und das Ansehen der Anstalt und ihres Leiters in hohem Maße abhängen.

Lehrer und Schüler treten in- und außerhalb des Unterrichtes in engeren Verkehr. Hierbei zeige der Schüler stets Höflichkeit und Zuvorkommenheit. Diese kann er in seinen Mienen, Handlungen und Worten zum Ausdruck bringen.

Gibt Dir ein Lehrer irgendeinen Auftrag, so führe diesen gern und freudig aus. Zeige hierbei kein finsteres Gesicht, auch wenn Dir der Auftrag ungelegen kommt.

Überreicht der Schüler dem Lehrer ein Buch oder irgendeinen Gegenstand, so tue er dies stets unter einer Verbeugung mit dem Worte: Bitte! Im umgekehrten Falle ist natürlich ein: Danke! zu gebrauchen. Kommt ein Schüler zu spät zum Unterricht, hat er ein Buch oder ein sonstiges Lehrmittel vergessen oder seine schriftlichen Arbeiten nicht angefertigt, so bitte er den betreffenden Lehrer rechtzeitig um Entschuldigung. Will ein Schüler den Herrn Schulleiter oder einen der Herren Lehrer im Lehrerzimmer aufsuchen, so klopfe er leicht an und betrete erst auf das ertönte: Herein! das Zimmer mit einer Verbeugung, die Tür hinter sich schließend. Auf Befragen bringe er sein Anliegen vor. Er wird nun, wenn er z.B. um Urlaub für einen Nachmittag bittet, folgendes sagen: »Herr Direktor, würden Sie vielleicht die Güte haben und mich morgen nachmittag vom Unterricht befreien, ich möchte an Stelle meines erkrankten Bruders mit dreschen helfen.«

Der Schüler sehe seinen Lehrern manchen Wunsch von den Augen ab. Er hebe ihm heruntergefallene Gegenstände rasch auf, sei ihm beim Anziehen des Überziehers behilflich usw. Er öffne ihm bei passender Gelegenheit auch außerhalb des Unterrichts und der Schule die Tür. Treffen Lehrer und Schüler an einer Tür zusammen, so lasse er dem Lehrer stets den Vortritt. Läßt sich der Lehrer in ein Gespräch mit einem Schüler ein, so gehe der Schüler an der linken Seite. Begleiten zwei Schüler den Lehrer, so wird er in die Mitte genommen. Ein Wechsel von einer Seite zur anderen ist immer hinter der Person auszuführen. Unterwegs darf man seine Lehrer oder andere höherstehende Personen nicht anreden, ist der Schüler aber durch einen besonderen Anlaß dazu gezwungen, so ziehe er seinen Hut, bitte um Entschuldigung und bringe dann sein Anliegen vor.[18]

Einem Lehrer darf niemals vor versammelter Klasse Widerwort geleistet werden. Glaubt sich ein Schüler von einem Lehrer ungerecht behandelt, so hat er hierüber in höflicher Form mit dem Lehrer im Lehrerzimmer zu sprechen. Wohlbegründete Beschwerden gegen einen Lehrer sind nach reiflicher Überlegung beim Direktor vorzubringen.

Sei gegen Deine Mitschüler stets freundlich und höflich. Hänsele, verspotte und foppe sie nicht. Besonders nicht, wenn sie irgendwelche Fehler körperlicher Art haben. Dies würde eine Roheit und Herzlosigkeit sondergleichen sein. Sei gegen Deine Kameraden ehrlich und entwende ihnen niemals, auch nicht im Scherz ein Lehrbuch, das Frühstück oder ein Kleidungsstück. Prügelt euch nicht untereinander, dies tun nur Gassenjungen, nicht aber anständige junge Leute. Die Kameradschaft darf nie so weit gehen, daß ein Schüler die schriftlichen Arbeiten für einen anderen erledigt oder abschreiben läßt.

Sei nicht streit-, zanksüchtig oder rechthaberisch. Denke an das Wort: Der Klügste gibt nach! Gebraucht im Verkehr untereinander niemals häßliche Schimpfworte. Pflegt und haltet gute Kameradschaft untereinander; aus manchem Schulkameraden ist schon oft ein treuer Freund fürs Leben geworden.

Quelle:
Roeder, Fritz: Anstandslehre für den jungen Landwirt. Berlin 21930, S. 17-19.
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