Der Kronprinz an Scheffener.

[137] Königsberg, den 12. August 1818.


Soeben habe ich Ihren lieben, theuren Brief gefunden, bester Scheffner, als ich vom Essen kam, wo ich mit dem Bischofe viel von Ihnen geredet. – Dies Andenken von einem Manne wie Sie, schmeichelt mir und erfreut mich mehr als Sie's vielleicht glauben. Der heitere, schöne Styl Ihres Schreibens, zeugt für Ihr glückliches Alter. – Man hat mir gesagt, daß Sie vor wenigen Tagen Ihr 83. Jahr erreicht haben; meinen Glückwunsch dazu von ganzem Herzen. Wie unglücklich, daß ich Ihnen das nicht selbst sagen kann. Glauben Sies mir, Sie fehlten mir hier ganz, bis ich Ihren Brief gelesen; da hab' ich Sie ganz wiedererkannt; leider ist's nur ein Surrogat von Ihnen; doch auch für dieses tausend Dank –! Sie haben sich ein Ideal von mir gemacht, welches mich erglühen macht vor Schaam ihm nicht nahe zu kommen, und vor Verlangen es zu erreichen. – Möge man einst in 50 Jahren von mir sagen, ich habe keine Quelle von Lebens-Wasser unentdeckt und unbenutzt gelassen! Den guten Willen habe[137] ich. – Der Herr, in dem meine Zuversicht ist, wird das Vollbringen gegeben zu seiner Zeit. – Die Idee des Kreutzes auf dem Berge, hat mich entzückt. – Welche Freude es einmal zu sehen! Dann muß ich aber länger hier seyn; dann hoffe ich sehr Sie zu sehen, mein würdiger Freund. Übrigens bin ich noch immer derselbe Quellen-Narr, und suche Bernstein und bunte Kiesel, noch wie sonst trotz Sturm und Regen, was ich denn noch gestern zum Schaden meiner Kleider, mit vielem Erfolg gethan. –

Vergessen Sie mich nicht, lieber Scheffner, gedenken Sie meiner oft in Freundschaft, wie ich's sicher immer, mit der allerherzlichsten thun werde.


Friedrich Wilhelm

KronPrinz.


An

den Herren KriegRath J. G. Scheffner

hier.[138]

Quelle:
Scheffner, Johann George: Nachlieferungen zu meinem Leben. Nach bestem Wissen und Gewissen, stets mit kräftigem Wollen, oft mit schwachem Können, Leipzig 1884, S. 137-139.
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