Einmotten,

[82] gefeiert. Dieses besteht darin, daß die Damen-, Herren- und Kindergarderoben und andere Textilgegenstände des Hauses mit scharfriechendem Pulver vollgestreut werden, wodurch, wenn das Pulver nicht ganz frisch und obenein nicht echt ist, den Motten verraten wird, wo ihr Futterplatz sich befindet. Solchen Tag nutze man in seiner Eigenschaft als Gatte aus, indem man sich entfernt und erst spät abends heimkehrt. Freunde mit guten Nasen wird man sich vom Leibe halten, so daß man ganz frei ist. Am folgenden Tag wird man diese Komödie wiederholen, so daß die Gattin und Kinder ungestört niesen können.

Es werden Wiederholungen stattfinden, bis der Verein gegen Tierquälerei sich der Motten annimmt und zwar natürlich ohne Erfolg. Doch spricht ein anderer Grund gegen das Einmotten. Da der Wäscheboden eine große Anziehungskraft auf die städtischen Diebe, Flatterfahrer genannt, ausübt, so wird diese Kraft dadurch verstärkt, daß das auf dem Wäscheboden in Sicherheit gebrachte Eingemottete ein[82] charakteristisches Aroma ausströmt, aber nicht stark genug, die Diebe fernzuhalten, sondern nur stark genug, ihnen den Schlupfwinkel der Garderobenstücke zu verraten. Man lasse also die Gattin alles sorgfältig einmotten und versichere sich dann gegen Einbruch.

Sind im Herbst die eingemotteten Sachen noch vorhanden und nicht nur die Motten, sondern auch die eingemotteten Sachen verdorben, so braucht man nur diese Sachen neu anzuschaffen, da die Motten aus eigenem Antriebe wieder erscheinen.

Sehr beliebt und allgemein verbreitet ist auch, wenn der Sommer gekommen ist, das


Quelle:
Stettenheim, Julius: Der moderne Knigge. Berlin 1905, Bd. II, S. 82-83.
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