[Autobiographie 1729]

Telemann (Georg Philipp) ist gebohren an. 1681, den 14 Mertz in Magdeburg, woselbst sein seel. Herr Vater, Henricus, Prediger an der H. Geist-Kirche gewesen; in nurgedachter Stadt hat er die Johannis- und Dom-Schule, hierauf die auf dem Zellerfelde auf dem Hartze, und endlich das Gymnasium zu Hildesheim von 1694 biß 1700 frequentiret; zu Leipzig aber 4 Jahr lang bis 1704 die Studia academica getrieben. Die Music hat er zeitig excoliret, und schon im 11ten oder 12ten Jahre eine Oper, so auch in Magdeburg aufgeführt worden, verfertiget, zu geschweigen der Kirchen-Stücke und Motetten fürs Chor, deren er schon vorher eine ziemliche Anzahl gemacht, wobey er zugleich fürs letztere verschiedene Arien poetisch aufgesetzet, wie auch nicht weniger die Flöte à bec, Violine nebst dem Claviere ergriffen, und sich auf dem letztern gleich zum General-Baße gewendet. Bey allem dem ist die bloße Natur seine Lehr-Meisterin, ohne die geringste Anweisung, gewesen, es müste denn seyn, daß er anfangs 14 Tage lang auf dem Claviere unterrichtet worden. Seine Bedienungen betreffend: so hat er schon an. 1695 in der Catholischen Gotthardiner-Kirche zu Hildesheim, mit des dortigen Lutherischen Superintend. Genehmhaltung, die Music dirigiret. In Leipzig ward er 1701 Director Musices und Organist in der Neuen Kirche; hierauf 1704 Capellmeister in Sorau beym Grafen von Promnitz, ferner 7–8 Concert- und bald hernach Capellmeister, wie auch Secretarius in Eisenach; von da gieng er als Capellmeister an. 1711 nach Franckfurt am Mayn, woselbst ihm zugleich die Verwaltung des Kayserl. Palais, zum Frauenstein, mit welcher eine Rechnung über mehr, als 100000. st. verknüpffet ist, anvertrauet. und von neuem die Eisenachische Capellmeister-Stelle von Haus aus, nebst einer Besoldung, übergeben ward; endlich ward er an. 1721 den 10 Julii Director Musices in Hamburg, von da aus er annoch, wie vorhin, in Eisenachischen Diensten, und zugleich als Correspondent siehet; auch ist er an 1723; Capellmeister von Haus aus in Bareuth geworden. Was er in den stylis der Music gethan, ist überall zur Gnüge bekannt. Erst war es der Polnische, dem folgete der Frantzösische, Kirchen-Cammer- und Opern-Styl, und was sich nach dem Italiänischen nennet, mit welchem er denn jetzo das mehreste zu thun hat. Nebst vielen Jahr-Gängen schöner Kirchen-Stücke, ingleichen einer grossen Menge Concerten, Ouverturen, Cantaten und Sonaten, so alle nicht gedruckt worden sind, hat man auch von ihm noch folgende Sachen, als;

(1. Six Sonates à Violon seul, accompagné par le Clavessin, dediées à S.A.S. Monseigneur le Prince Jeun. Erneste, Duc de Saxe-Weimar, etc. an. 1715 zu Franckfurt am Mayn in folio gravirt.

(2. Die Kleine Cammer-Music, bestehend aus 6 Partien vor die Violin, Flùte traverse, wie auch vers Clavier, besonders aber vor die Hautbois, an. 1716 zu Franckfurt am Mayn in folio gedruckt.[596]

(3. Sei Suonatine, per Violino e Cembalo, in kleinem Format gestochen, an. 1718.

(4. Sechs Trio in Kupffer vor verschiedene Instrumente, als: die Hautbois, Flute à bec, Flûte traverse, Violinen, Passe de Viole, Basson oder Violoncello und G.B. an 1718.

(5. Den Harmonischen Gottes-Dienst, oder geistliche Cantaten, auf die gewöhnlichen Sonn- und Fest-täglichen Episteln durchs gantze Jahr gerichtet, und aus einer Singe-Stimme destehende, die entweder von einer Violine, oder Hautbois, oder Flute traverse, oder Flute à bec, nebst dem G.B. begleitet wird, zu Hamburg in folio gedruckt, an. 1725.

(6. Den Auszug derjenigen musicalischen und auf die gewöhnlichen Evangelia gerichtete Arien, welche in den Hamburgischen Haupt- Kirchen durchs 1727 Jahr vor der Predigt auf geführet worden, bestehend aus einer Stimme, nebst dem G.B. zu Hamburg in folio gedruckt.

(7. Den getreuen Music-Meister, welcher so wohl für Sänger als Instrumentalisten allerhand Gattungen musicalischer Stücke, so auf verschiedene Stimmen und fast alle gebräuchliche Instrumente gerichtet sind, und moralische Opern und andere Arien, desgleichen Trii, Duetti, Soli etc. Sonaten, Ouverturen etc. wie auch Fugen, Contrapuncte, Canones etc. enthalten, mithin das mehreste, was nur in der Music vorkommen mag, nach Italiänis. Frantzösis. Englis. Polnischer, etc. so ernsthaft- als lebhaft- und lustigen Art, nach und nach alle 14 Tage in einer Lection vorzutragen gedencket. Hamburg an. 1728. in klein folio und Kupfferstich.

(8. Sonate à due Flauti traversi à due Violini senza Basso. s. den Holländischen Music- Catalogum des le Cene, p. 39.

(9. Das fast allgemeine Evangelisch-Musicalische Lieder-Buch, welches (1. sehr viele alte Chorale nach ihren Uhr-Melodien und Modis wieder herstellet, aber auch zugleich (2. eine grosse Menge der jetzt üblichen Abweichungen anzeiget; hiernächst (3. den Baß also verfasset enthält, daß man die Lieder durchgehends mit 4. Stimmen spielen kan; zu welchem Ende dann (4. die Ziefern aufs sorgfältigste hinzu gefüget worden; welches ferner (5. so wohl Chor- als Cammer-mäßig werden mag- und endlich (6. über 2000 Gesänge, in 500 und etlichen Melodien, darstellet: zusammen getragen, in die Harmonie gebracht, mit einem Register versehen, und nebst einem zu Ende angehangenen Unterrichte, der unter andern zur vierstimmigen Composition, und zum damit verknüpsten General. Baß anleitet; in kleinem Zwerch über liegenden Quart, mit saubern Noten nach Kupffer-Act, herausgegeben. Wer sich solches anschaffen will, kan es um 8. Marck oder 4. Fl. beym Auctore bekommen. Hamburg an 1730. s. die Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen im Mertz a.c. nro. XVIII. p. 157. sq.[597]

Quelle:
Telemann. In: Johann Mattheson: Grundlage einer Ehren-Pforte, Hamburg: Verfasser, 1740, S. 354–369.
Erstdruck in: Johann Gottfried Walther: Musicalisches Lexicon Oder Musicalische Bibliothec, Leipzig (Wolffgang Deer) 1732.
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