XIV. Künstlerleben in München.

[277] Zu München, dieser durch König Ludwig I. zu einer Kunststadt emporgehobenen Residenz der Wittelsbacher, endete mein unstätes Wanderleben; wenn auch inzwischen oft längere Abwesenheiten eintraten, so blieb München doch mein ständiger Aufenthaltsort und die Heimath meiner Familie.

Zu Ende Juni 1815 traf ich nach einer angenehmen Reise über den Splügen durch die Schweiz in München ein. Der gute Prinz Eugen war ziemlich empfindlich über mein langes Ausbleiben, und der erste Empfang war kein sehr freundlicher. Es gab auch einige Differenzen über meine künftige Stellung zu seinem Hause zu schlichten. Mein Gehalt sollte auf die Hälfte reducirt werden, wozu ich anfangs keine Lust hatte. Zuletzt ging ich unter Bedingungen darauf ein, durch die ich mich nach andern Beziehungen in große Vortheile setzte. Am wichtigsten war, daß mir gestattet wurde, auch für andere Kunstliebhaber, als blos für den Prinzen, arbeiten zu dürfen. Diese Beschränkung, die früher mit meiner Anstellung verbunden war, hatte mich immer sehr belästigt. Sie war mir in meinem freien Wirken und Schaffen als Künstler sehr hinderlich und setzte mich oft in die fatale Lage, sehr annehmbare Aufträge zurückweisen zu müssen. Nie aber fühlte ich mehr als eben jetzt, wie wichtig für den Künstler die Concurrenz in Bezug auf Entwicklung und Fortschritt sei. Ein Künstler hebt den[277] andern, eifert ihn an und zieht ihn durch seine Leistungen empor. Nur da, wo ein reges Kunsttreiben und Ineinandergreifen verschiedener Elemente ist, kommt das Große zum Vorschein.

Während meiner sechsjährigen Abwesenheit hatten junge, aufstrebende Talente, die fast gleichzeitig mit mir die Künstlerlausbahn betraten, große Fortschritte gemacht. Mit Innigkeit schloß ich mich an sie an. Ich fand in ihrem Umgange die größte Wonne, alles war mir jetzt so heimisch, daß es mir gar nicht mehr in den Sinn kam, in die lockenden Verhältnisse Mailands zurückzukehren.

Der treffliche König Maximilian I. hatte bald nach dem Antritte seiner Regierung den Keim zu jener Blüthe der Kunst gelegt, die sich später unter seinem Sohne Ludwig in so großartiger Weise entfaltete.

Die Akademie der bildenden Künste wurde unter der Direktion Peter Lange's und seines Sohnes Robert,1 der ihm als Professor zur Seite stand, neu organisirt. Diese beiden Männer erwarben sich durch den Eifer, mit dem sie wirkten, um das Aufblühen dieser Kunstschule die größten Verdienste. Die Lokalitäten wurden schön und zweckmäßig hergerichtet; mit nicht unbedeutenden Kosten wurde eine namhafte Anzahl guter Abgüsse von Antiken herbeigeschafft, kurz, nichts unterlassen, was diesem Institute Glanz verleihen konnte und ein gedeihliches Wirken für die Zukunft in Aussicht stellte. Bald entstand dort auch das regste Leben; aus allen Theilen Deutschlands strömten Schüler zu, die mit Ehrfurcht diese geweihten Hallen betraten. Die Direktion war ihrerseits stolz darauf, so viele Schüler zu haben. Indessen machte sich auch hier wie überall das Wort wahr: »Viele sind berufen, Wenige aber auserwählt.« Der Erfolg entsprach den großen Erwartungen[278] nicht so schnell, als man von dem thätigen Wirken der Vorstände dieser Anstalt und den schönen Einrichtungen gehegt hatte. Es ist eine altbekannte Thatsache, daß tüchtige Künstler nicht institutsmäßig herangezogen werden können. Wer nicht zum Künstler geboren und von der Natur mit den Anlagen ausgestattet ist, die den wahren Künstler bilden, der wird sich trotz einer Akademie sein Leben lang in der Mittelmäßigkeit herumtreiben oder ganz untergehen und sich dann um so ärmer fühlen, wenn er sich lange in dem unglücklichen Traume gewiegt, daß er auf der Akademie schulgemäß erlernen könne, was ihm die Natur versagte. Die Welt weist ihm am Ende doch den Platz an, der ihm gebührt.

Uebrigens gingen doch aus der Langer'schen Schule tüchtige Künstler hervor. Beide Langer, Vater und Sohn, ließen sich die Bildung ihrer Schüler sehr angelegen sein, besonders waren sie Herren der Farbe; man lernte bei ihnen malen. Ein Riedel,2 Gegenbauer,3 Jacobs4 und noch einige andere tüchtige Künstler sind Schüler von Langer. In einem Punkte aber war die Direktion auf Abwege gerathen: man fand in dem Eifer für die gute Sache nicht das rechte Maß und übte einen gewissen Zwang, wenn der Ausdruck erlaubt ist, Kunstdespotismus, und verfehlte dadurch oft das Ziel. Der wahre Künstler verträgt eben solchen Zwang nicht. Ein freies, seiner individuellen Anschauung folgendes Schaffen ist ihm Bedürfniß und es ist nothwendig, daß er diesem Triebe folge. Darum konnte es nicht fehlen, daß viele der talentvollsten jungen Leute nach und nach sich von dieser Schule lossagten und als freie, von der Akademie unabhängige Künstler eine besondere Korporation bildeten. Dieses führte öfters zu unangenehmen Spaltungen, was aber nach solchen Vorgängen nicht ausbleiben konnte. Das Genie bricht sich immer selbst die Bahn.[279]

Als Professor an der Akademie fungirte neben Robert Langer Hauber,5 ein gewandter, praktischer Historienmaler, der es vortrefflich verstand, Pinsel und Palette zu führen. Besonders sorgfältig gemalt sind seine kleinen Bilder. Man kann in ihnen das schöne Talent, womit ihn die Natur beschenkte, erkennen, aber es ist zu bedauern, daß Hauber so oft aus den Augen verlor, Künstler im schönern Sinne des Wortes zu sein. Er trieb die Kunst so ziemlich als Handwerk, malte alles, was Geld eintrug, und nach dem Preise richtete sich auch seine Leistung. Man erzählte von ihm, er habe einmal gesagt: »Malen könnte man schon wie Raphael, aber wer bezahlt's?« Ein alter Satz, welcher damals auch vielen andern Namen nacherzählt wurde. Hauber schuf vorzüglich Kirchenbilder und lieferte nebenbei bürgerliche Portraits, deren er mit großer Leichtigkeit eine Menge verfertigte. Aber man kann ihm große Verdienste nicht absprechen. Von den alten Meistern hatte er viele Kenntnisse und besaß selbst eine recht hübsche Sammlung alter Bilder. Bei Gemälde-Auktionen fehlte er nie, da er Schätzmeister war. Bei solchen Anlässen erstand er manches gute Bild um mäßigen Preis, womit er seine Sammlung bereicherte. Inzwischen machte er mit seinen Bildern auch Handelschaften und Tauschgeschäfte.

Ebenfalls Professor an der Akademie war Seidl.6 Von ihm hatte man sich in seinen jungen Jahren große Erwartungen gemacht. Deßhalb wurde er noch unter Karl Theodor nach Rom als Pensionär geschickt, allein die Erwartungen rechtfertigten sich nicht. Er leistete nach seiner Rückkehr weniger als zuvor. Das ist eine Erfahrung, die sich oft bei solchen Pensionären wiederholt hat. Seidl war bieder, rechtschaffen, aufrichtig bis zur Grobheit, ein Ehrenmann, aber wer nicht wußte, daß er Künstler war, hätte ihn nimmermehr für einen solchen gehalten.[280]

Inspektor der Akademie war Kellerhoven,7 ein wackerer Mann von sanftem Charakter und gebildeten Manieren, ein guter Portraitmaler, welcher, bevor Stieler nach München kam, viel für den Hof zu thun hatte.

Zur Akademie gehörte ferner Wilhelm Kobell,8 der für Dillis die Stelle eines Lehrers in der Landschaftsmalerei übernommen; übrigens war seine Wirksamkeit als Professor nicht von großer Bedeutung. Er war ein Mann, der sich nicht unbedeutenden Ruf erwarb. Einige Zeit galt er als unser Vorbild. Peter Heß und ich blickten an ihm hinauf, ich glaubte eine hohe Stufe in der Kunst zu erreichen, wenn es mir gelingen sollte, ein zweiter Kobell zu werden. Ebenso erinnere ich mich, daß Peter Heß einmal zu mir sagte, er möchte nur wissen, wie Kobell seine Studien mache, weil er so schön male.

Kobell hatte einen äußerst angenehmen Vortrag in seinen Bildern. Sie waren mit Geschmack angeordnet, mit einer gewissen Feinheit in der Farbe. Auch verstand er sehr gut, Licht und Schatten zu vertheilen. Seine kleinsten Figuren vollendete er bis ins geringste Detail, was ihnen besondern Reiz verlieh. Ueberhaupt waren seine kleinen Bilder die schönsten. Die Zeichnung blieb bis zu einem gewissen Grade correct; aber er schien bei seinen menschlichen Figuren immer seine eigene Gestalt zum Muster zu nehmen und machte lauter ungewöhnlich lange, hagere Figuren, die immer etwas Lebloses hatten. Am besten gelangen ihm darum ganz ruhige, unbewegliche Gegenstände. Kobell malte militärische Stoffe, auch ruhige Jagdscenen, Thiere und Landschaften, welche er mit vielem Geschmack in Stimmung setzte. Seine Pferde, in deren Darstellung er einen Ruf hatte, wollten mir aber schon in meiner Jugend nicht recht gefallen; ich sah sie in der Natur ganz anders. Mehrere[281] Bilder von Kobell sind auch vervielfältigt bei Frauenholz in Nürnberg erschienen,9 theils in Umrissen radirt und colorirt, theils auch in Aqua-Tinta-Manier. In Aquarell-Zeichnungen besaß er eine große Geschicklichkeit. Er war ein gebildeter Künstler und angenehmer Mann, lebte sehr zurückgezogen und verkehrte wenig mit andern Kunstgenossen.

Ein tüchtiger Kupferstecher war ebenfalls als Professor an der Akademie, woselbst sich eine eigene Kupferstecherschule befand: Heß,10 der Vater von Peter und Heinrich Heß,11 welche später zu den hervorragendsten Künstlern Münchens gezählt wurden. In seiner Schule bildete sich Grimm12 aus Kassel und andere tüchtige Leute.

Von der Bildhauerschule weiß ich nichts zu sagen, da ich mit ihrem Wirken zu wenig vertraut war, um darüber urtheilen zu können. Schwanthaler,13 der Vater des berühmten Ludwig von Schwanthaler,14 hatte damals einen Namen, auch nannte man Kirchmayer15 und Andere.[282]

Unter den Künstlern, die unabhängig von der Akademie ihren eigenen Weg gingen und blos dem Studium der alten Meister und der Natur folgten, war eines der hervorragendsten Talente der damals noch sehr junge Peter Heß.16 Er hatte 1809 kaum seine ersten Versuche im Malen gemacht, und sechs Jahre später sah man von ihm Leistungen, die zu den größten Erwartungen berechtigten und Aufsehen erregten. Er malte anfangs kleine Kabinetsbilder, die sehr das Gepräge des Studiums nach den Niederländern trugen, aber auch voll Naturwahrheit waren und von einem ernsten Streben zeugten.

Bei äußerst correcter Zeichnung waren alle seine Figuren und Thiere charakteristisch, seine Composition lebendig und kunstgerecht, Vortrag und Farbe geschmackvoll und angenehm: er zeigte sich in jenen Werken wahrhaft groß im Kleinen. Die persönliche Erscheinung von Peter Heß war sehr einnehmend: ein schöner, junger Mann, scharfsinnig und damals sehr umgänglich; er verkehrte gerne mit Freunden und Kunstgenossen, was sich leider in späteren Jahren verlor.

Sein jüngerer Bruder Heinrich legte ebenfalls schon Beweise ab, die zu den Erwartungen berechtigten, die er später als großer Historienmaler in der Allerheiligen- und St. Bonifacius-Kirche rechtfertigte.

Wagenbauer,17 obwohl nicht mehr jung an Jahren, doch jung auf dem Gebiete der Kunst, gehörte auch zu den hervorragenden Talenten jener Zeit. Er malte ausschließlich Thiere und Landschaften und war in seiner Darstellung naiv und anmuthig. Obwohl er die Niederländer studirt hatte, ging er doch seinen eigenen Weg, strebte nach Licht und Wahrheit und folgte fleißig der Natur, was seine Bilder für Jedermann verständlich und anziehend machte. Wagenbauer kam erst spät[283] dazu, sich ganz der Kunst widmen zu können. Er hatte in der leichten Reiterei der bayerischen Armee gedient und noch in der Schlacht bei Hohenlinden gefochten. Es blieb in seinem Benehmen immer etwas Unbehilfliches und Derbes, so sehr er sich bemühte, das abzulegen. Sein Streben in der Kunst war sehr achtungswerth; er nahm es ernst und arbeitete fleißig und mit Liebe; hatte auch viel Talent für Musik.

Unter diesen aufstrebenden Künstlern ist auch Dorner18 zu nennen. Er betrat in so ferne eine neue Bahn, als er sich strenger an die Natur hielt als seine meisten Vorgänger und Zeitgenossen. Seine Motive wählte er meistens aus dem benachbarten Hochland, in dem er sich während des Sommers viel herumtrieb und eifrig studirte. Besonders glücklich war Dorner in der Darstellung wilder Gebirgslandschaften. Seine sehr geschätzten Bilder hatten eine klare und frische Farbe, sein Vortrag etwas Energisches und Geistreiches. Wie er selbst eine kräftige, derbe Natur war, so trug er dieses sein Wesen auch auf seine Werke über. Darum drückte sich in ihnen Originalität und Selbständigkeit aus. Sein biederer Charakter und guter Humor erwarb ihm viele Freunde. Wer ihn näher kannte, der schätzte und liebte ihn.

Dominicus Quaglio,19 aus einer alten italienischen Decorationsmaler-Familie, war in diesem Künstlerkreise nicht nur als Künstler, sondern auch in seinem geselligen Umgange einer der genialsten Menschen. Anfänglich trieb er die Theatermalerei, verließ sie aber bald und schuf viele Architekturbilder (meistens innere und äußere Ansichten von Kirchen). Er lithographirte auch anfänglich vieles und erwarb sich durch sein Streben und seinen Fleiß schnell einen bedeutenden Ruf. Im geselligen Verkehre war er die Seele der Unterhaltung. Unerschöpflich[284] an Witz und launigen Erzählungen, belebte er jede Gesellschaft, weßhalb man sich gerne um ihn schaarte und obwohl man ihm wegen seines mißtrauischen Wesens selber nicht viel traute, so liebte man ihn doch, weil er ein so angenehmer und guter Mensch war.

Ein sehr hervorragender Künstler, obwohl er die Kunst nicht als eigentlichen Beruf trieb, war Karl von Heideck,20 Major im Generalstabe der bayerischen Armee. Er hatte sich nach Beendigung der Kriege und seiner Rückkehr aus Spanien mit großer Liebe zu der Kunst gewandt. Seine geistreichen Aquarellzeichnungen ließen schon früher sein Talent zur Genüge erkennen. Seit 1815 versuchte er sich in der Oelmalerei und leistete in kurzer Zeit Außerordentliches. Alles, was er machte, trug den Stempel der Genialität und einer scharfsinnigen Beobachtungsgabe, mit der ihn die Natur reichlich beschenkt hatte.

In diesem Kreise war ferner Stieler21 wegen seiner feinen Manieren und seines äußerst gefälligen Benehmens im Umgange eine allgemein beliebte Persönlichkeit. Auch bei Hofe galt er viel; er hatte ein Atelier in der Residenz und sehr viele Aufträge vom Hofe. Besonders excellirte er in Damenportraits. Er wußte das Schöne an den Köpfen hervorzuheben, ohne die Aehnlichkeit zu verlieren, eine Eigenschaft, mit welcher der Portraitmaler sich immer sehr beliebt macht. Das schließt aber nicht aus, daß er auch ähnliche Männerportraits malte, was aber immer leichter ist. Die Bilder von Stieler trugen den Stempel seines eigenen Charakters; sie hatten etwas mild Abgerundetes und Gefälliges.

Diese soeben genannten Künstler und andere, die namentlich aufzuzählen mich zu weit führen würde, trugen wesentlich[285] in München zum neuen Aufblühen der Kunst bei. Sie waren es auch, auf die König Maximilian I. seine besondere Aufmerksamkeit richtete.

In diesem Kreise bewegte ich mich vorzugsweise. Ich verkehrte viel mit diesen Malern und fühlte eine wahre Wonne darin, mich wieder in einem regen, vorwärtsstrebenden Kunstleben zu befinden. Ich hatte dies ja so lange und schmerzlich vermißt. Mit besonderem Vergnügen blicke ich noch jetzt auf jene Zeit in München als eine der glücklichsten Epochen meines Künstlerlebens zurück.

In dieser Zeit war Mannlich,22 ein schon bejahrter, gebildeter Mann von großen Kenntnissen, Centralgallerie-Direktor und übte nicht unbedeutenden Einfluß auf die Richtung der Kunst, voran der Malerei. Er besaß das Vertrauen des Königs und war der Vermittler zwischen ihm und den Künstlern. Und Diejenigen, welche unabhängig von der Akademie ihre eigene Richtung verfolgten, lehnten sich an Mannlich an.

Es ist nun einmal ein Uebelstand in dieser Welt, daß so selten die Menschen vereint und ohne Nebenabsichten zu einem guten oder schönen Zwecke ruhig und mit Besonnenheit zusammenwirken! Eitelkeit, übertriebener Ehrgeiz, Eigennutz bereiten der Entwicklung des Guten und Schönen stets die größten Hindernisse. So ging es auch hier.

Langer, eifersüchtig auf Mannlich, der vorzugsweise das Vertrauen des Königs besaß, feindete diesen an. Bei der dadurch herbeigeführten Uneinigkeit blieben die Anhänger Mannlich's nicht unbetheiligt und so trennte sich bald die Corporation der Künstler in zwei Parteien, von denen die der Akademie der Zahl und Stellung nach die größere, die andere aber bald die stärkere war. Langer gab sich in seiner Leidenschaftlichkeit öfters Blößen, die dem kaltblütigen, besonnenen, alten Mannlich die Mittel boten, ihn bei dem König in ein nachtheiliges Licht zu setzen und seinen Einfluß zu schwächen.

Der gute König Maximilian, dessen edles Herz gerne die[286] ganze Menschheit mit Liebe umfaßt und beglückt hätte, richtete jetzt seine Aufmerksamkeit vorzugsweise auf jene Künstler, die sich an Mannlich angeschlossen hatten und bot ihnen Gelegenheit zu ihrer Fortbildung. Er beglückte sie mit seinem Wohlwollen und behandelte sie wie zarte Pflanzen, die man auf einen für ihr Wachsthum gedeihlichen Boden setzt, um sie groß zu ziehen.

Die Künstler durften ihm ihre Werke zeigen, und alljährlich kaufte er einen Theil der vorzüglichsten derselben, was sie aneiferte. Die Wände seiner Wohnzimmer waren ganz mit Bildern meist lebender Künstler angefüllt; erhielt er etwas Neues, Besseres, so mußte ein älteres weichen. Er machte dann öfters Geschenke, entweder an die Gallerie, oder nach auswärts, denn er zeigte gerne, was man in München leistete.

Aufträge jedoch gab er nicht leicht, ebenso war es eine seltene Ausnahme, wenn er Pensionen ertheilte, um Künstler nach Rom zu schicken. Er hatte eine vorgefaßte Meinung, daß man ihnen sehr oft dadurch nur die Gelegenheit zum Faullenzen biete. Alles aber, was er für die Kunst that, geschah mit Liebe und Zartgefühl. Kein Künstler fühlte, daß ihm der König sein Bild abkaufte, nur ihm eine Unterstützung zu gewähren, es wurde stets als eine Auszeichnung betrachtet. Als ein Beweis, wie zart der König mit den Künstlern umging, erzähle ich hier etwas, was mir selbst begegnete. Er hatte ein Bild von mir gekauft, das ihm große Freude machte. Bald darnach begegnete ich ihm bei einem Pferdevorführen im Beisein vieler Cavaliere. Sobald er mich erblickte, winkte er, ging mit mir auf die Seite und sagte: »Apropos, Adam, der alte Mannlich hat an dem Bilde etwas getadelt, vielleicht könnte es noch geändert werden. Ich will es Dir schicken und wenn der Fehler gut zu machen ist, thue es dem Alten zu Liebe. Er meint es gut und versteht etwas. Mir für meinen Theil wäre es so, wie es ist, auch recht.«

Mannlich hatte eine gute Art, dem Künstler seine Ansichten mitzutheilen. Er that dies stets offen und so, daß ihn jeder verstehen konnte. Dabei drang er keinem seine Meinung[287] auf und war nicht abstoßend. Für das wirklich Gute und Gelungene zeigte er lebhaftes Interesse.

Neben Mannlich stand als Gallerie-Inspektor Georg Dillis,23 dessen ich schon oben Erwähnung gethan. Er füllte seinen Platz auf eine Weise aus, die ihm Ehre machte und ein wahres und lebhaftes Interesse für Kunst und Künstler bekundete. Die Gallerie war in dieser Zeit für die Künstler sehr zugänglich, und das Studium der alten Meister wurde ihnen auf alle Art und Weise erleichtert.

Dillis machte fast täglich die Runde durch alle Säle und ging den dort studirenden Künstlern mit Rath und That an die Hand. Man konnte recht gut sehen, daß er dies nicht blos von Amtswegen, sondern aus Interesse für die Kunst that.

Selbst ein sehr talentvoller Landschaftsmaler, besaß er vielseitige Kunstkenntnisse. Seine Zeichnungen sind geistreich und geschmackvoll. Schon früher hatte er den Kronprinzen Ludwig auf seinen Reisen in Italien begleitet24 und dabei viel gezeichnet. Dillis stammte aus einer achtbaren Försterfamilie und hatte den geistlichen Stand erwählt; aus seinem ganzen Wesen blickte aber immer etwas Naturwüchsiges hervor, wodurch er bisweilen mißverstanden wurde. Ich hatte große Verehrung für ihn und erfreute mich seines Wohlwollens.

Auf solche Weise wirkte die Direktion der Akademie und Gallerie verbunden mit dem wohlthätigen Einflusse von oben herab wechselweise thätig für die Fortbildung der Künstler.

So fand ich die Kunstzustände in München, als ich 1815 dorthin aus Mailand zurückkehrte. Ich werde es versuchen, über den weiteren Entwicklungsgang der Kunst, soweit mir derselbe noch erinnerlich ist, meine Bemerkungen mitzutheilen. Es liegt aber ferne von mir, eine Geschichte der Kunst in dem neuen München zu schreiben; das muß ich Jemand überlassen,[288] der mehr Beruf zum Schriftsteller hat als ich. Ich wollte in diesen Blättern lediglich schlicht und einfach das Erlebte erzählen und die erhaltenen Eindrücke schildern.

Seit meiner Rückkehr aus Italien bis zum Tode des Königs Maximilian war meine Stellung in München, dem äußern Anschein nach zu urtheilen, eine sehr angenehme, vielleicht zu angenehm, um in jenem Maße vorwärts zu schreiten, als es vermöge der mir von der Natur verliehenen Anlagen und Kräfte hätte sein können. König Max hatte seine Aufmerksamkeit auf mich gerichtet. Er erwies sich mir sehr gnädig und kaufte viele von meinen Werken.

Auch Prinz Eugen nahm einen großen Theil meiner Zeit in Anspruch und war immer ein wenig eifersüchtig, wenn meine Bilder in andere Hände kamen.

Feldmarschall Fürst Wrede legte sich in seinem Schlosse zu Ellingen eine ganze Sammlung fast ausschließlich von meinen Bildern an, ebenso der Oberst-Stallmeister Baron von Kesling. Auch viele andere Kunstliebhaber bemühten sich, Werke von mir zu erhalten. Was ich nur immer machte, wurde gekauft, und alles fand man schön und gut.

Eine solche Stellung birgt für einen Künstler große Gefahren. Sie führt oft auch bei dem besten Willen zu einer gewissen Leichtfertigkeit und weckt die Lust, mehr Geld zu verdienen, als gut ist. Ein gewisses Etwas muß vorhanden sein, das den Künstler zu rastloser Thätigkeit aneifert; wenn man ausnahmsweise Beispiele hat, daß Künstler, bei denen der Gelderwerb die Haupttriebfeder ihrer Thätigkeit ist, es auch in ihren Leistungen weit bringen können, so sind diese eben Ausnahmen.

Der Ehrgeiz wirkt kräftiger und treibt manchen Künstler dazu an, das Aeußerste von sich zu fordern. Aber auch das ist ein gefährlicher Gefährte, denn er führt leicht auf Abwege. Eitelkeit, Anmaßung und Ueberschätzung des eigenen Werthes gesellen sich oft unvermerkt dazu; bei unedlen Naturen auch noch Neid und Mißgunst, die eben den Künstler nicht edler[289] machen. Wer die Kunst nicht aus Liebe zu ihr selbst treibt, wem die Ausübung derselben nicht Lust und Bedürfniß geworden, den wird sie niemals beglücken.

Wenn ich vorhin sagte, daß die günstige Stellung, in der ich mich befand, vielleicht nicht dazu geeignet war, mich in dem Maße voranschreiten zu lassen, als es vermöge meiner Naturanlagen hätte sein können, so dürfte der Grund hievon nicht in einem Mangel an reiner Liebe zur Kunst selbst zu suchen sein. Ich kann mir selbst und der Welt das redliche Bekenntniß ablegen, daß ich von meiner frühesten Jugend bis in mein 75. Jahr, in dem ich diese Zeilen niederschreibe, von der wärmsten Liebe zur Kunst beseelt blieb. Sie gerade war es vorzugsweise, die mich zur Thätigkeit und Ausübung der Kunst getrieben hat. Auch war ich stets weit entfernt von der Schwäche, zu glauben, daß, weil meine Werke gesucht wurden und man alles, was ich in jener Epoche machte, schön und gut fand, es auch wirklich so sei. Ich tadelte manches Bild, das ich von der Staffelei gehen ließ, hinterher oft härter, als es Fremde thaten. Aber ein Hinderniß trat mir in den Weg, schwerer zu überwinden als zu große Liebe zum Gelderwerbe: der unabweisliche Bedarf desselben.

Meine treffliche Frau war keine schlechte Wirthin, aber in einem gewissen Wohlstande aufgewachsen, und nicht so wie ich daran gewöhnt, alles, was dem Menschen nur einigermaßen entbehrlich ist, abzuschütteln, sobald es die Umstände erheischen, um ungehindert einem vorgesteckten Ziele zusteuern zu können. Auch brauchte es Jahre lang Zeit, bis sie sich an die deutschen Sitten, die Lebensweise, den Umgang mit Dienstboten und Anderes mehr gewöhnte; das führte manche Ausgabe herbei, die ich unter andern Verhältnissen nicht gemacht haben würde. Meine Familie vermehrte sich sehr schnell und war in wenigen Jahren schon zu einer bedeutenden Anzahl Kinder herangewachsen, und ich begann zu fühlen, daß sich an ein glückliches Familienleben auch ein Schweif häuslicher Sorgen anhänge, der nie gekannte Lasten mir auferlegte. Daneben nahm auch die Theilnahme für meine armen Eltern, für deren Unterhalt ich sorgte, mich sehr in Anspruch.[290] Auch meine Geschwister bedurften meiner Unterstützung, und so wuchs im Laufe der Zeit der Geldbedarf meines Hauses zu einer ansehnlichen, mir sehr unwillkommenen Höhe und hemmte die freie Bewegung meines künstlerischen Schaffens. Ich war der einzige vom Glücke Begünstigte in meiner Familie und hatte mir schon 1804, als ich das elterliche Haus verließ, die Aufgabe gestellt, dereinst die Stütze meiner Familie zu werden und wollte das, was ich mir damals gelobt, jetzt lösen, aber es mußte sehr häufig auf Rechnung der Kunst geschehen.

In München machte sich im Laufe der Zeit ein sichtbares Vorwärtsschreiten in der Kunst bemerkbar. An Heß und Heideck hatte ich zwei große Rivalen, und ich durfte alle meine Kräfte zusammennehmen, um mitzukommen.

Heideck danken wir die Beseitigung mancher veralteten, zum Theile noch aus der Zopfzeit auf uns übergegangenen Manieren. Der dunkle Vordergrund, der gewisse Coulissenbaum und ähnliche Unarten verschwanden nach und nach. Heideck, der nicht von dem Ertrage seiner Leistungen zu leben brauchte, erfreute sich einer sehr unabhängigen Stellung, und geistreich, wie er war, versuchte er manches, was ein anderer sich nicht getraute. Er war durchaus hell in seinen Bildern, suchte keine groben Contraste, um die Gegenstände auseinander zu setzen, und brachte das Licht oft bis ganz in den Vordergrund. Mannlich sagte von ihm, er jage den Difficultäten nach. Uebrigens fallen die besten Werke Heideck's nur zwischen die Jahre 1816–1825; später gerieth er auf Abwege.

Im Jahre 1823, den 16. Februar, wurde der Kunstverein in München gegründet. Es war der erste in Deutschland und das Vorbild für so viele ähnliche Vereine, die sich über ganz Deutschland und darüber hinaus verbreiteten, um die Liebe zur Kunst zu erwecken und den Künstlern Gelegenheit zu ihrer Entwicklung und zum Verkaufe ihrer Werke zu verschaffen. Anfangs hatte die Vereinigung einer Gesellschaft von Künstlern und Kunstfreunden keinen andern Zweck vor Augen als den, ein geeignetes Lokal zu miethen, in welchem die Künstler ihre Werke auf eine vortheilhafte Weise ausstellen könnten, um sie[291] dem Publikum und auch Fremden leichter zugängig zu machen. Zweck und Absicht hiebei war der Beachtung werth und fand auch bald große Theilnahme, allein man stieß auf Hindernisse. Zur Gründung eines Vereins bedurfte man der Bewilligung der Regierung und die deßhalb gemachte Eingabe wurde unter Hinweisung auf die Akademie, welche dieselben Zwecke verfolge, abschlägig beschieden.

Es lag klar zu Tage, daß Langer, dem das Aufblühen einer Corporation von Künstlern, die der Akademie gegenüber eine ganz unabhängige Stellung einnahmen, ein Aergerniß war, dagegen gearbeitet hatte. Durch eine solche Vereinigung wurden ja jene Künstler gekräftigt und der Einfluß der Akademie, dem äußern Anschein nach, geschwächt. Der Grund des abschlägigen Bescheides war übrigens ein sehr schwacher. Die Akademie hielt alle drei Jahre eine große Ausstellung. Weil wir aber fanden, daß es gut wäre, wenn den Künstlern auch innerhalb der drei Jahre Gelegenheit geboten würde, ihre Werke in einem passenden Lokale vereint zur Anschauung zu bringen, entstand der Gedanke, einen solchen Verein zu gründen. Indeß wir waren abgewiesen; man ließ die Köpfe hängen und guter Rath war theuer. Da ging ich aus der übelgestimmten Gesellschaft nach Hause und entwarf noch denselben Abend den Plan zu einer Verloosung von Kunstgegenständen unter einer geschlossenen Gesellschaft und zu der beiläufigen Organisirung des Vereins, wie er sich nachher gestaltet hat. Andere nahmen sich dann dieses Planes an, gaben es für ihr Werk aus und thaten sich viel darauf zu gute, daß man auf solche Weise zum erwünschten Ziele gelangte, denn die in solcher Art gemachte Eingabe erfreute sich der Bewilligung der Regierung.25[292]

Oft schon habe ich an mich die Frage gerichtet, ob ich mit diesem Plane etwas Gutes gethan oder nicht, und bis zu dieser Stunde bin ich darüber noch nicht einig. Indeß ließ ich mir doch um dieser Sache willen keine grauen Haare wachsen. Mir war dieser Plan nur Mittel zum Zwecke und später wäre ein ähnliches Unternehmen doch entstanden.

Offenbar erhielt von nun an die Pflege der Kunst eine ganz andere Richtung als früher. Was vordem von Kunstsinnigen und einsichtsvollen Liebhabern geschah, das wurde nun zum großen Theile in die Hände des Volkes gelegt. Das hatte, wie so vieles in der Welt, viel Gutes, aber es kamen in der Praxis auch große Schattenseiten zum Vorschein.

So lange die Gesellschaft kaum 300 Köpfe zählte, ging alles ganz vortrefflich. Man war eifrig bemüht, in das durch freie Wahl berufene Comité, dem die Leitung der Geschäfte übertragen wurde, nur die einsichtsvollsten Männer zu wählen. Jener Theil desselben, dem der Ankauf der zur Verloosung bestimmten Gegenstände oblag, bestand nur aus fünf Personen: zwei Künstlern und drei Kunstfreunden. Diese Männer, die es sich zur Ehre anrechneten, das ihnen geschenkte Vertrauen zu rechtfertigen, beobachteten die möglichste Rücksicht gegen die Künstler. Ueber ihre Berathungen wurde das strengste Stillschweigen beobachtet, und Niemand erfuhr, wer für oder gegen dieses oder jenes Bild gestimmt hatte. Es bleibt auch nur auf diese Weise das Urtheil und die Abstimmung frei von allen Nebenabsichten.

Unter den Künstlern entstand unter diesen Verhältnissen ein äußerst reges und heiteres Leben; Künstler und Kunstfreunde lebten in freundlichem Verkehr zusammen. Man versammelte sich öfters in zahlreicher Gesellschaft bei einem Mahle;26 die[293] Verloosung der Kunstwerke, die alljährlich am 16. Februar, als dem Stiftungstage des Vereins, stattfand, war jedesmal der Anlaß zu einem heitern Feste, kurz, das Institut stand in Jugendblüthe, wuchs und gedieh sichtlich. Es war eine der schönsten Kunstepochen in München, und wer in jener Zeit gelebt hat, versetzt sich gerne in Gedanken in dieselbe zurück; leider verlief sie nur zu schnell.

Nach 4–5 Jahren war die Mitgliederzahl von 300 auf 3000 gestiegen. Dies gab dem Vereine bald eine völlig andere Gestalt. Man glaubte nun, durch Vermehrung der Comité-Mitglieder der großen Mitgliederzahl mehr Antheil an der Verwaltung einräumen zu müssen. Das Schiedsgericht (Ankaufscommission) wurde erst von fünf auf sieben, dann auf neun, endlich auf elf Mitglieder gebracht. Der Verwaltungs-Ausschuß bestand getrennt von dieser Commission aus 16 Mitgliedern. Je zahlreicher aber diese Behörden wurden, desto mehr Schattenseiten entfaltete der ursprünglich so schöne Verein. Es war nun schwer, so viele einsichtsvolle Männer zu finden, die man zu einer schonungsvollen und umsichtigen Leitung des Ganzen brauchte, besonders da man durch eine Bestimmung, nach der die Hälfte der Comité-Mitglieder alljährlich austreten mußte, die freie Wahl beschränkte und die uneigennützigsten und brauchbarsten Männer beseitigte. Diese zogen sich zurück und versagten ihre fernere Mitwirkung bei der Leitung der Geschäfte. Die Zügel kamen dadurch oft in ungeweihte Hände, die mehr verdarben als gut machten. Mangel an Kenntnissen, Parteilichkeit, Einseitigkeit des Urtheils trat nun oft an die Stelle einer sorgsamen Pflege der Kunstentwicklung. Am Ende wurde der Verein von den Künstlern als Markt und von den Kunstfreunden die Verloosung als der wichtigste Zweck desselben betrachtet. Damit verlor er an Würde und man ließ das edlere[294] Ziel, das ihm gesteckt war, die Hebung und Förderung der Kunst, immer mehr aus den Augen.27

Uebrigens darf man trotz dieser Mängel nicht verkennen, daß durch die Gründung des Kunstvereins ungemein viel Leben und Streben wachgerufen wurde.

Ein Hauptgewinn der Kunstvereine mit einer permanenten Ausstellung, bei der die Bilder oft wechseln, wie dies in München der Fall ist, dürfte vor allem darin zu suchen sein, daß dem Künstler Gelegenheit geboten wird, seine Werke zu jeder Zeit, die ihm dienlich scheint, neben den Werken anderer Meister aufzustellen und sie mit diesen vergleichen zu können. Wem es ernstlich darum zu thun ist, zu sehen, wo es seinen Bildern fehlt, der hat hier die beste, ja, ich möchte sagen, fast einzige Gelegenheit dazu. Kein Künstler ist im Stande, sein Bild selbst richtig beurtheilen zu können, solange es in seinem Atelier ist. Nur wenn es in einem andern Lichte und neben andern Werken zur Anschauung kommt, wird das einseitige Urtheil über das eigene Bild beseitigt. Dieser Gewinn aber ist nicht gering zu achten. Leider wird er von einer Anzahl Künstler nicht genug gewürdigt, sonst würden sie nicht bloß jene Werke zur Ausstellung bringen, die sie an den Kunstverein zu verkaufen gedenken; das ist ein Uebelstand, der besonders in späterer Zeit sehr überhand nahm.

Während durch das Wachsen und Gedeihen des Kunstvereins Leben und reger Verkehr bemerkbar wurde, traten neue Talente hervor, die man später zu den hervorragendsten Malern Münchens zählte, so Carl Rottmann,28 D. Monten,29

[295] H. Bürkel30 und Andere mehr. Rottmann, der mit Recht als Landschaftsmaler erster Größe gilt, hatte 1822 die ersten Versuche an das Licht gebracht. Wie an diesen, so erkannte man auch an Bürkel's Erstlingsarbeiten das schöne Talent, das ihm einen so bedeutenden Ruf erwarb. Ebenso zeigten die Leistungen von Monten bald sein Genie in der lebendigen Auffassung der Gegenstände, die er sich zum Vorwurfe seiner Darstellungen wählte.

Auch mehrere dänische Künstler lebten damals in München, die vieles zu einer lebhaften Concurrenz beitrugen; besonders hinsichtlich der Technik, der Farbe und Wirkung ihrer Bilder hatten sie manches vor unsern einheimischen Malern voraus. Unter diesen sind besonders Simonsen,31 Holm,32 Fearnley,33 Gurlit,34 Storch35 und Andere zu nennen.

Unter den schon früher in München lebenden Künstlern war auch ein Niederländer, Landschaftsmaler Cogels.36 Seine[296] Werke hatten in Farbe und Vortrag viel Verdienstliches und weichen hierin ziemlich von denen der Münchener Künstler ab. Tieferes Studium der Natur und Ernst der Gedanken durfte man aber in Cogel's Bildern nicht suchen. Besonders begünstigte ihn Langer.

Als warmer Kunstförderer ist hier zu nennen ein schlichter Bürgersmann, Namens Reichel. Er legte sich eine kleine, aber schöne Sammlung von Gemälden an, der einzige, der im Verhältnisse zu seinen Mitteln vieles leistete, so daß sein Name hier genannt zu werden verdient. Seine Kunstliebe war weit entfernt von Ostentation, sie kam aus seinem Innern. Von Cogel besaß er nur zu viel für eine kleine Sammlung.

Von 1823 an steigerte sich das Kunsttreiben immer kräftiger bis 1840. Viele Kunstvereine entstanden in dieser Zeit in Deutschland. Zu den ersten und erwähnenswerthesten gehören die zu Hannover, Hamburg, Prag. Diese waren in Folge des großen Interesses, das man dort den neuen Erscheinungen im Gebiete der Malerei und besonders den von München kommenden Werken schenkte, von großem Einflusse auf Belebung der Kunst. Ihnen folgten viele andere, ja zu viele, da bei manchen der Wirkungskreis und die Mittel nicht hinreichten, um bedeutenden Einfluß auszuüben und sie dadurch der Produktion des Mittelmäßigen oft Vorschub leisteten. Manches ging dadurch von der Würde verloren, womit die Hebung der Kunst behandelt werden soll.

Es wäre schwer, alle die Namen jener Künstler aufzuzählen, welche in jener Epoche Vorzügliches leisteten und zu dem neuen Aufblühen der Kunst beitrugen; ihre Werke, welche[297] sich durch ganz Deutschland ausbreiteten, werden von selbst die Namen ihrer Meister der Vergessenheit entreißen.

Wie die Kunstvereine wesentlich mitwirkten, Leben und Thätigkeit in der Kunst anzuregen, und jungen Talenten Gelegenheit boten, ihre Kräfte zu prüfen und zu entwickeln, so wurde für die höhere Entwicklung der Kunst in großartigstem Maßstabe gesorgt durch König Ludwig, ja eine neue Kunstepoche hervorgerufen.

Cornelius37 wurde von ihm nach München gezogen, um die Frescobilder in der Glyptothek zu malen und durch Andere unter seiner Leitung ausführen zu lassen. Mit Cornelius wuchs eine ganz neue Schule, aus der das Große und Erhabene des Gedankens mächtig hervortrat. Später kamen auch Schnorr38 und andere tüchtige Meister, welche diese großartige Richtung einschlugen.

Unter der Leitung von Cornelius erhielten andere junge Künstler den Auftrag, die Arkaden am Hofgarten mit einer Reihe von Frescobildern aus der bayerischen Geschichte zu zieren, was viele Kräfte in Thätigkeit setzte und Gelegenheit bot, sich für die Historienmalerei auszubilden.

Rottmann setzte diese historischen Bilder unter den Arkaden in einer langen Reihe von Fresken fort, die interessante und klassische Punkte Italiens darstellen. Sie gewähren dauernden Genuß und machen den Beschauer mit jenem schönen Lande bekannt. König Ludwig dichtete dazu eigene sinnige Verse, welche über den Bildern angebracht wurden.

Schnorr erhielt den Auftrag, die Säle der neuen Residenz mit Wandgemälden zu schmücken. Zuerst malte er die Nibelungensäle, später die Festsäle. Hiebei fanden auch andere Künstler unter Schnorr's Leitung Beschäftigung.[298]

Die wohnlichen Räume des Palastes zierten Kaulbach,39 Philipp Foltz,40 Schwind41 und andere tüchtige Künstler mit Gemälden, zu denen der Stoff meistens aus den Poesien deutscher Dichter gewählt wurde. Peter Heß malte im Auftrag des Königs fünf große Schlachtgemälde: Darstellungen von siegreichen Kämpfen der Bayern aus der neuern Kriegsgeschichte. Diese Bilder sind mit der bekannten Meisterschaft dieses Künstlers ausgeführt. Es ist nur zu bedauern, daß sie so hoch und unvortheilhaft aufgestellt sind, dadurch entgeht dem Beschauer die große Vollendung, mit der Heß sie bis in das kleinste Detail durchführte. In demselben Saale, in welchem sich diese Bilder befinden, sind Gemälde von Wilhelm Kobell, auch ein großes Bild von mir, die Schlacht bei Borodino darstellend, und eines von D. Monten.

Heinrich Heß bekam die Fresken in der Allerheiligenkirche auszuführen. Dieses großartigen Auftrags entledigte er sich mit jener Meisterhand und der Tiefe des Gefühles, welches er in allen seinen Werken, besonders auf dem Gebiete der christlichen Kunst, kundgibt. Einen Antheil an diesen Werken hatte auch Schraudolph,42 der dieselbe Richtung verfolgte.

Später zierte Heinrich Heß auch die Basilika mit Fresken, die zu den schönsten Kunstwerken Münchens gehören.

Was des Königs unermüdeter Geist an Kunstbauten, meist durch Klenze,43 Ziebland44 und Gärtner45 während seiner[299] Regierung ausführte und später auch ins Leben rief, ist zu bekannt und hat längst die Welt mit Bewunderung erfüllt, als daß es hier am Platze wäre, sie namentlich aufzuführen; sie stehen da für alle Zeiten und reden selbst.

Durch diese Bauten hatte der König die Möglichkeit, eines der größten Talente, den damals noch jungen und leider zu früh verstorbenen Ludwig Schwanthaler, zu beschäftigen. Unendlich Vieles leistete der produktive Geist Schwanthaler's bei diesen Bauten. So erhielt auch die Bildhauerkunst ihren Antheil an dem großen Kunsttreiben in München; Schwanthaler beschäftigte eine große Anzahl tüchtiger Bildhauer, welchen hiedurch Gelegenheit zu weiterer Ausbildung gegeben war.

Alles dieses rief ein einziger, echt deutscher Mann wie mit Zauberkraft hervor: König Ludwig der Erste.

Was meine eigene Stellung betrifft, so hätte ich in diesem großartigen Schaffen leicht ganz in Dunkelheit verschwinden können, wäre es nicht eine Eigenschaft meines Charakters, vielleicht auch eine gute Gewohnheit gewesen, da meine Kräfte zu verdoppeln, wo Hindernisse zu überwinden sind.

Am 21. Februar 1824 starb Prinz Eugen, Herzog von Leuchtenberg, und schon am 12. Oktober 1825 folgte ihm »Vater Max«, der unvergeßliche König Maximilian, nach. Zwei edle Leben endeten in ihnen und tiefe Trauer erfüllte das ganze Land.

Ich verlor sehr viel an Beiden; von dieser Zeit an trat ich als Künstler zu München in eine ganz veränderte Stellung.

In der günstigen Lage, in der ich, gestützt auf die Gnade des Königs Max, bevorzugt von Prinz Eugen und von so vielen hohen Personen mit Arbeit überhäuft lebte, war es natürlich, daß bei gar manchen Künstlern Neid und Eifersucht rege wurde. Allein solange meine beiden großen Beschützer lebten, ließ man mich ruhig gewähren. Keiner von meinen Neidern wagte, seine wahren Gesinnungen kund zu geben; keiner wollte es mit mir verderben, besonders weil man mir bei dem Prinzen Eugen größeren Einfluß zuschrieb, als ich wirklich besaß und gar Mancher auf diesen kunstsinnigen Fürsten speculirte. Kaum[300] aber hatten diese Beschützer die Augen geschlossen, so sagte man mir, was an mir sei und wo es meinen Leistungen fehle. Das wollte mir anfangs gar nicht munden, aber gerade diese schonungslose Kritik hatte ihr Gutes. Besser wäre es freilich gewesen, schon früher auf meine Fehler mich aufmerksam zu machen. Ich hätte mich dann mehr zusammengenommen. Aber ich war noch nicht so in meinen Jahren vorgerückt, um nicht noch vieles einholen zu können. Und das that ich auch.

In meinem Einkommen entstand freilich durch den Verlust dieser beiden, großmüthigen Fürsten eine nicht unbedeutende Lücke. Allein stets gewöhnt, mich durch kein Mißgeschick entmuthigen zu lassen, wußte ich bald, welche Partie ich zu ergreifen hätte. Mit erneutem Eifer setzte ich mich an meine Staffelei; von dieser, von meinem Atelier aus, wollte ich meine Widersacher bekämpfen, und dieses Streben trug seine Früchte. Aber nicht bloß in meinem Atelier, auch in meiner häuslichen Einrichtung war ich darauf bedacht, zweckmäßige und für Zeit und Umstände passende Aenderungen zu treffen.

Die Wohnung für meine zahlreiche Familie, verbunden mit einem geeigneten Lokale zum Arbeiten, zog eine ziemlich theuere Miethe nach sich. Ich kaufte deßhalb in einem etwas entlegenen Stadttheile ein Grundstück und baute mir vor allem ein Atelier mit der geeigneten Einrichtung, Thiere darin ordentlich studiren zu können. Ein paar kleine Gebäude, so eine Art Gartenhäuschen, gaben der Familie ein nothdürftiges Unterkommen; man beschränkte sich bis auf bessere Zeiten, so gut es ging. Später dann, im Jahre 1829, baute ich ein geräumiges Wohnhaus für meine Familie und legte, da dasselbe nicht unmittelbar an der Straße stand, vor und hinter demselben einen schönen Garten mit verschiedenen größeren Pflanzungen an, aus welchen im Verlaufe von 30 Jahren große Bäume wurden. Hier lebte ich ziemlich zurückgezogen, bloß in meinem Atelier, für meine Familie und mit der Erziehung meiner heranwachsenden Kinder beschäftigt. Es verschaffte mir übrigens ein ungemein behagliches Gefühl, auf meinem eigenen Grund und Boden zu hantiren, mein Leben war in ein neues[301] Stadium getreten; ein Besitzthum band mich enger an den Staat, in welchem ich lebte. Hier, sagte ich mir, hat Niemand zu gebieten als ich, solange ich die Gesetze des Staates nicht verletze. Das paßte in meinen Kram und zu meiner selbständigen Denkart. Im übrigen aber fuhr ich stets fort, mit großem Eifer und ernstlichem Vorwärtsstreben bei meiner Staffelei zu schaffen.

Schon in den Jahren 1815–1825 hatte ich neben andern Arbeiten für den Prinzen Eugen ein Album (eine Art bildliches Tagebuch) von Erinnerungen an den russischen Krieg nach meinen in Rußland gesammelten Zeichnungen in 8 Blättern in Oel auf Papier gemalt; 1827 begann ich mit Bewilligung der Herzogin von Leuchtenberg einen Theil desselben nebst andern aus den in jenem Kriege gesammelten Skizzen in einer Reihe von 100 von mir selbst lithographirten Blättern unter dem Titel: Voyage pittoresque et militaire erscheinen zu lassen.46 Dieses Werk, das in fünf Jahren vollendet wurde, erregte viel Interesse und erfreute sich einer großen Verbreitung.

In der Zeit wurde ich auch von mehreren Cavalieren zu einer Reise nach Mecklenburg veranlaßt. Dort fand ich schöne Gelegenheit, meine Pferdekenntniß zu erweitern. Ich sah viel Schönes, malte viel und fand allenthalben die freundlichste Aufnahme.

Der Herzog von Holstein-Augustenburg, der mich dort[302] kennen lernte, veranlaßte mich, einige Jahre später ihn auf der Insel Alsen zu besuchen. Mehrere Monate verlebte ich auf dieser wahrhaft idyllischen Besitzung in dieser edlen Familie; diese Zeit gehört zu den angenehmsten Erinnerungen. Später ließ ich in drei Heften 18 lithographirte Blätter von Pferdeportraits aus dem Gestüte des Herzogs und anderes mehr erscheinen, die mit einem Text von dem Grafen von Holmer begleitet wurden.47

Im Jahre 1829 erhielt ich einen Ruf nach Württemberg um Portraits der edlen arabischen Pferde des Königs zu malen. Bald nachher bekam ich den Auftrag zu einem Reiterbildniß des Königs selbst, und da dieses sehr befriedigte, so wurde ein zweites und drittes und jedesmal auf einem anderen Pferde dargestellt, begehrt.

Diesen Bildern folgten noch andere Aufträge, so daß ich mich veranlaßt sah, ein ganzes Jahr in Stuttgart zu verweilen.

Sowohl durch die besondere Gnade des Königs, als auch durch die unzähligen Beweise von Aufmerksamkeit und des größten Wohlwollens, das mir von so vielen Freunden, die ich dort gewann, zu Theil wurde, verliefen auch diese in Stuttgart verlebten Tage höchst angenehm. Der Aufenthalt unter den treuherzigen Schwaben, ihre Sprache, die anmuthigen Umgebungen Stuttgarts, alles versetzte mich in die behaglichste Stimmung. Sobald ich sah, daselbst einen längern Aufenthalt nehmen zu müssen, ließ ich meine drei ältesten Kinder, zwei Söhne und eine Tochter, dorthin kommen. Die Söhne hatten schon längst Talent für die Kunst gezeigt, so daß ich sie dort zweckmäßig beschäftigen konnte. Die Tochter, 17 Jahre alt, bescheiden und häuslich erzogen, führte unsere kleine Wirthschaft. Auf solche Weise fühlte ich die Trennung von meiner Familie[303] weniger und fand mich in Stuttgart ganz heimisch. Auch meine Kinder fanden allenthalben die liebreichste Aufnahme; wer zu uns kam, freute sich über unsern kleinen, häuslichen Kreis.

Mein Leben war zu allen Zeiten ein sehr thätiges. Ob ich nicht zu viel schuf, will ich dahingestellt sein lassen. Auf alle Fälle habe ich in der Zeit, von der hier die Rede ist, zu viele Pferdeportraits und zu viele kleine und unbedeutende Bilder gemalt. Außer diesen hat auch das Lithographiren von hundert Blättern zu dem Werke über den russischen Feldzug (Voyage pittoresque) mir viele Zeit für bedeutende Arbeiten geraubt. Indessen kam mir ein Umstand zu Hilfe, der mich aus diesem gar zu geschäftsmäßigen Kunsttreiben herausriß.

König Ludwig beauftragte mich, ein großes Bild für den Schlachtensaal (die Schlacht bei Borodino) zu malen, das sich an den Bildercyclus von Peter Heß und Wilhelm Kobell anreihen sollte. Der König legte einen besonderen Werth darein, dieses Gemälde von mir ausführen zu lassen, da ich Augenzeuge jener Schlacht gewesen. Mir konnte nichts angenehmer sein als dieser Auftrag, ich brannte vor Begierde, mich wieder auf einem großen Stück Leinwand bewegen zu können. Die tiefen Eindrücke, welche diese furchtbare Schlacht in mir zurückgelassen, traten bei Beginn meiner Arbeit mir wieder lebhaft vor Augen, so daß davon wohl auch etwas auf mein Bild übergegangen ist. Ich führte dieses Werk mit jugendlicher Frische durch. Die Composition ist lebendig und verfehlte die Wirkung nicht, die sie machen sollte. Ich hatte bei dem Bilde in Gedanken, wie in der Ausführung den Totaleindruck vor Augen und hütete mich, in einer zu detaillirten Darstellung mich zu verlieren. Das war aber nicht Vernachlässigung, noch Mangel an Kenntniß, sondern es geschah mit Absicht. Es ist bei großen Bildern, besonders bei figurenreichen Schlachtgemälden nicht gut, wenn man sich in zu viele Einzelnheiten zerstreut. Diese sind nur Veranlassung, daß man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Diesen Auftrag erhielt ich 1823, brachte das Bild aber erst 1835 zur Vollendung.

Anfangs erfreute sich meine Leistung in München nicht[304] der großen Anerkennung, die ihr im Laufe der Zeit von Sachverständigen zu Theil wurde. Man war damals noch an einen glatten, bis in Kleinigkeiten sich einlassenden Vortrag gewöhnt. Hierin aber ist man inzwischen längst auf andere Ansichten gekommen, und ich darf sagen, ich habe den Muth gehabt, mich über den herrschenden Geschmack hinwegzusetzen und bin nicht mit der Zeit gegangen, die Zeit ist zu mir gekommen. Damals wurde ich wegen meiner Darstellung getadelt, jetzt nach 28 Jahren lobt man mich ihretwegen. So stellt die Zeit alles an seinen Platz, und ich kann mit der dem Bilde jetzt gezollten Anerkennung zufrieden sein.

Mehrere Bilder aus dem Gebiete der Schlachtenmalerei folgten auf jenes Gemälde; der Sinn für eine ernstere Richtung war durch dasselbe in mir wieder mehr geweckt. Sechs solcher Bilder kamen in den Besitz des Kaisers Nikolaus von Rußland.

Der zweite Sohn des Prinzen Eugen, Herzog Maximilian von Leuchtenberg,48 vermählte sich mit einer Tochter des Kaisers Nikolaus, der Großfürstin Marie. Diese Verbindung veranlaßte seine gänzliche Umsiedelung von München nach Petersburg. Der Kaiser, welcher ihn liebte, suchte auf alle Weise den Prinzen an sich zu ziehen und so wurde er veranlaßt, sich dort einen eigenen Palast zu erbauen. In einem großen Saale desselben sollten die Siege des Prinzen Eugen aus den Jahren 1809 und 1812 durch mich verewigt werden. Zu diesem Behufe erhielt ich den Auftrag, sechzehn Bilder aus jenen Jahren in namhafter Größe in Oel auszuführen. Diese Aufgabe nahm mich jahrelang sehr in Anspruch, und es freute mich der Gedanke, daß der Sohn den Vater durch mich ehre und mir Gelegenheit gab, viele von den im Kriege gesammelten Skizzen ausführen zu können.

Leider erlebte der gute Prinz die Vollendung dieser Arbeiten[305] nicht; sie wurden durch seinen allzufrühen Tod unterbrochen. Drei Bilder fielen dadurch aus; die andern dreizehn aber sind in dem für sie bestimmten Saal zu Petersburg aufgestellt. Außer diesen Bildern besaß der Herzog noch viele andere Gemälde von mir. Auch jene aus früherer Zeit, welche sich zu München in der Leuchtenberg'schen Gallerie befanden, kamen später mit dieser kostbaren Sammlung nach Petersburg.

Auf solche Weise arbeitete ich rastlos, bis das Jahr 1848 einen ganz neuen Wirkungskreis für mich herbeiführte.

1

Joh. Peter von Langer, geb. 1756 zu Calcum bei Düsseldorf, gest. 6. August 1824 zu München. Vgl. Nagler 1839, VII. 287 ff. E. Förster, Geschichte der deutschen Kunst 1860, IV. 168. Liliencron, Allg. Deutsche Biographie 1883, XVII. 678. Robert von Langer, geb. 1783, gest. 6. Oktober 1846 zu Haidhausen. Vgl. ebendas.

2

August Riedel, geb. 1800 zu Bayreuth, gest. 6. August 1883 zu Rom. Vgl. Nekrolog in Beilage 362 Allgem. Zeitung 30. Dezember 1883.

3

Anton von Gegenbauer, geb. 1800 zu Wangen im Allgäu, gest. 31. Januar 1876 zu Rom.

4

Paul Emil Jacobs, geb. 1803 zu Gotha, gest. das. 6. Januar 1866.

5

Jos. Hauber, geb. 14. April 1766 zu Görisried (im Allgän), gest. 23. Dezember 1834 zu München. Vgl. Nagler 1838, VI. 3 ff. Allg. Deutsche Biogr. 1880, XI. 38.

6

Andreas Seidl 1760–1836. Vgl. Nagler 1846, XVI. 216.

7

Moriz Kellerhoven 1758–1830. Vgl. Nagler 1838, VI. 553. Allg. Deutsche Biogr. 1882, XV. 584.

8

Wilhelm von Kobell, geb. 6. Juni 1766 zu Mannheim, gest. 10. Juni 1855 zu München. Vgl. Nagler 1839, VII. 99. Allg. Deutsche Biogr. 1882, XVI. 357 ff.

9

Achtzehn Blätter, colorirt von Ph. H. Dunker, Verlag von Frauenholz in Nürnberg.

10

Karl Ernst Christoph Heß, Kupferstecher, geb. 22. Januar 1755 zu Darmstadt. gest. 25. Juli 1828 zu München. Vgl. Allg. Deutsche Biogr. 1880, XII. 295 f.

11

Heinrich von Heß, geb. 1798 zu Düsseldorf, gest. 29. März 1863 zu München. Vgl. E. Förster, Geschichte der deutschen Kunst. Leipzig 1860, V. 114 ff. Allg. Deutsche Biogr. 1880, XII. 278 ff.

12

Ludwig Grimm (Bruder von Jacob und Wilhelm Grimm), geb. 14. Mai 1790 zu Hanau, gest. 4. April 1863 zu Kassel. Vgl. Nagler 1857, V. 381. Allg. Deutsche Biogr. 1879, IX. 689.

13

Franz Schwanthaler 1760–1820. Vgl. Nagler 1846, XVI. 96 ff. Wurzbach, Lexikon 1876, XXXII. 280 ff.

14

Ludwig von Schwanthaler, geb. 26. August 1802 zu München, gest. 13. November 1848 das. Ueber ihn F. Pocci im Kunstvereinsbericht für 1848, S. 56 ff. Leider existirt außer Fr. Trautmann's »Reliquien«, München 1858, und der schönen Darstellung in E. Förster, Geschichte der deutschen Kunst 1860, V. 220 ff. noch keine des Meisters würdige Monographie.

15

Jos. Kirchmayer 1773–1845. Vgl. Nagler 1839, VII. 28. Allg. Deutsche Biogr. 1882, XVI. 17.

16

Peter von Heß, geb. 29. Juli 1792 zu Düsseldorf, gest. 4. April 1871. Vgl. Nagler 1838, VI. 154 ff. E. Förster 1860, V. 187 ff. Mein Nekrolog in XXXI. 212 ff. des Oberbayer. Archiv 1871. Pecht in der Allg. Deutschen Biographie 1880, XII. 300 ff.

17

Jos. Max Wagenbauer 1774–1829. Vgl. Nagler 1851, XXI. 117. E. Förster 1860, V. 191.

18

Joh. Jak. Dorner 1741–1813. Vgl. Nagler 1836, III. 458 ff. Allg. Deutsche Biogr. 1877, V. 364.

19

Dom. Quaglio, geb. 1. Januar 1788 zu München, gest. 9. April 1837 zu Hohenschwangau. Vgl. Nagler 1842, XII. 140 ff. Kunstvereinsbericht für 1837, S. 79 ff. (mit Quaglio's Portrait).

20

C.W. von Heideck, genannt Heydecker, geb. 6. Dezember 1788, gest. 21. Febr. 1861. Vgl. E. Förster 1860, V. 191. Allg. Deutsche Biogr. 1880, XI. 295.

21

Carl Jos. von Stieler, geb. 1. November 1781 zu Mainz, gest. 9. April 1858 zu München. Vgl. Nagler 1847, XVII. 348 ff. Wurzbach XXXVIII 358 ff.

22

Vgl. oben S. 32.

23

Vgl. oben S. 32.

24

Vgl. hierüber die Erinnerungen des Dr. Joh. Nep. von Ringseis, gesammelt und herausgegeben von Emilie Ringseis. Regensburg 1886, I. 371 ff.

25

Zu den Stiftern des Münchener Kunstvereins gehören Stieler, Quaglio, Heß, Gärtner, Mettenleiter und Raphael Winter, in dessen Wohnung am 26. November 1823 zweiundvierzig Künstler und Kunstfreunde zusammentraten. Adam ist in dem offiziellen Berichte nicht genannt, unterzeichnete aber am 13. Dezember die an König Max gerichtete, »Vorstellung«, worauf schon am 31. Dezember 1823 die allerhöchste Bestätigung erfolgte. Vgl. »Erster halbjähriger Bericht über die Entstehung, den Bestand, die Verfassung und das Wirken des in München errichteten Kunstvereins. Erstattet von dem ordentlichen Verwaltungsausschusse, zusammengestellt von dem Mitgliede des Ausschusses, dem königl. Kämmerer Freiherrn von Proff. München 1824.«

26

Es gab auch daselbst abendliche gesellige Zusammenkünfte, bei welchen nicht allein Künstler, sondern auch Dilettanten und Laien eigene und fremde Kunstwerke zur Ansicht auflegten und durch Vorträge erklärten. Vgl. die ersten, durch Freiherrn von Proff halbjährig erstatteten »Berichte« S. 124 ff.

27

Wir geben hier die subjektive Ansicht Adam's unverkürzt, ohne dessen gesammtes, in manchen Punkten zu Widerspruch reizendes Raisonnement zu theilen.

28

Carl Rottmann, geb. 9. Januar 1798 zu Handschuhsheim, gest. 7. Juli 1850 zu München. Vgl. Nagler 1843, XIII. 473. E. Förster 1860, V. 205. Regnet, Münchener Künstlerbilder, Leipzig 1871, II. 100 ff.

29

Dietrich Monten, geb. 13. September 1799 zu Düsseldorf, gest. 13. Dezember 1843.

30

Heinrich Bürkel, geb. 29. Mai 1802 zu Pirmasens, gest. 10. Juni 1869 zu München. Vgl. Nekrolog in Nr. 165 Allg. Zeitung vom 14. Juni 1869. Allg. Deutsche Biogr. 1876, III. 623 (Pecht).

31

Niels Simonsen, geb. 10. Dezember 1807 zu Kopenhagen, gest. 12. Dezember 1885 das. Nagler 1846, XVI. 448 f. Seubert, Künstlerlexikon 1879, III. 317.

32

Christian Fred. Carl Holm, geb. 18. Februar 1804 zu Kopenhagen, gest. 1846 (nach Müller-Klunzinger 1860, II. 397 zu Rom 1847). Vgl. Raczynski, Geschichte der Kunst 1830, II. 401. Vincenz Müller, Universalhandbuch für München 1845, S. 143. Weilbach, »Dans Künstlerlexikon« 1878, S. 286–288.

33

Thomas Fearnley, geb. 27. Dezember 1802 zu Friedrichshall, gest. 16. Januar 1842 zu München.

34

Ludwig Gurlit, geb. 8. März 1812 zu Altona. Vgl. Seubert 1878, II. 148. W. Kaulen, Deutsche Künstler 1878, S. 73 ff. S. Biographie in den Mittheilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst III. Jahrgang, Nr. 2 vom 22. Januar 1875, S. 25 ff.

35

Friedrich Ludwig Storch, geb. 21. Juli 1805 zu Kjerte auf Fünen, gest. 2. September 1883 zu Kopenhagen. Vgl. Seubert 1879, III. 372.

36

Jos. Cogels, geb. 5. November 1786 zu Brüssel, gest. 31. Mai 1831 zu Leitheim bei Donauwörth. Vgl. Nagler 1836, II. 36 ff. und Neuburger Collectaneenblatt 1872, S. 59. – Unbegreiflicherweise hat Albrecht Adam zwei Künstler mit Stillschweigen übergangen, mit denen er zeitlebens persönlich innig befreundet war, diese sind sein Landsmann Johann Michael Voltz (geb. 15. Oktober 1784 zu Nördlingen, gest. 17. April 1858. Vgl. das schöne Buch von K. Hagen: Der Maler J.M. Voltz von Nördlingen und seine Beziehungen zur Zeit- und Kunstgeschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1863) und Johann Adam Klein (geb. 24. November 1792 zu Nürnberg, gest. 21. Mai 1875 zu München. Vgl. C. Jahn: Das Werk von J.A. Klein. München 1863).

37

Peter Cornelius, geb. 23. September 1783 zu Düsseldorf, gest. 6. März 1867 zu Berlin. Vgl. die schöne, schwungvolle Biographie dieses Meisters von E. Förster, Berlin 1874.

38

Julius Schnorr von Carolsfeld, geb. 26. März 1794 zu Leipzig, gest. 24. Mai 1872 zu Dresden. Vgl. E. Förster 1860, V. 91 ff.

39

Wilhelm von Kaulbach, geb. 1805 zu Arolsen, gest. 7. April 1874 zu München.

40

Philipp Foltz, geb. 1805 zu Bingen, gest. 5. August 1877 zu München.

41

Moriz von Schwind, geb. 21. Januar 1804 zu Wien, gest. 8. Februar 1871 zu München.

42

Johann von Schraudolph, geb. 1808 zu Oberstdorf im Allgäu, gest. 31. Mai 1879 zu München.

43

Leo von Klenze, geb. 29. Februar 1784 bei Hildesheim, gest. 27. Januar 1864 zu München.

44

Georg Friedrich Ziebland, geb. 1800 zu Regensburg, gest. 24. Juli 1873.

45

Friedrich von Gärtner, geb. 1792 zu Koblenz, gest. 21. April 1847 zu München.

46

Voyage pittoresque et militaire de Willenberg en Prusse jusqu'à Moscou, fait en 1812, pris sur le terrain même et lithogr par A. Adam. Munic 1827–1833. 101 Blätter Fol. mit des Künstlers Brustbild von Engelmann auf dem Titel. Dann die Bildnisse des Prinzen Eugen, des Kaisers Napoleon I. und des Königs Murat, ebenfalls von Engelmann lithographirt. Am Schlusse des ersten Heftes ein Blatt nach C.W. von Heideck. – Nur die Umrisse sind von A. Adam und zwar mit dem Pinsel auf Stein gezeichnet, die lithographische Ausführung dagegen besorgten seine Söhne, vorzugsweise Benno Adam. – Daran schließen sich: Vierundzwanzig Umrisse (Scenen aus dem russischen Feldzug im Jahre 1812). Nebst dem französischen Titel: Croquis pitt. etc. München 1834. Tondruck. Qu.-Fol. (Auch unter dem Titel: Die hervorragendsten Episoden aus dem Feldzuge in Rußland.)

47

Die Veredlung der Pferdezucht auf Alsen. Bildnisse und Skizzen aus dem Gestüte des Herzogs Christian August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, nach der Natur gemalt 1838. Von Benno und Franz Adam. Stuttgart 1839–1841. 19 Blatt in Qu. Fol. nebst erklärendem Text vom Grafen von Holmer. Gr. 40.

48

Maximilian Eugen Joseph Napoleon von Leuchtenberg, geb. 1817 (vermählt 1839 mit der Großfürstin Maria Nicolajewna von Rußland), gest. 1852.

Quelle:
Adam, Albrecht: Aus dem Leben eines Schlachtenmalers. Stuttgart 1886, S. 277-307.
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