Franz Marc 15.07.1911

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Sindelsdorf 15. VII. 11


Lieber August,


nach einem feierlichen Empfang in unserm Häuschen durch Helmuth und die Niestléschen hat nun wieder das alte Leben begonnen. Mein Kopf ist so dick voll[58] Pläne und Ideen, daß die schwerste Frage ist, welche man zuerst herauslassen soll. Kennst Du dies komische Gefühl? Und tatsächlich ist dies von großer Wichtigkeit, glaube ich.

Wir haben uns sofort auf die Suche nach einer Wohnung für Euch gemacht; beiliegende Karte stellte das beste dar, was Sindelsdorf Euch bieten kann: der ganze 2. Stock, zwei Balkone, der vordere (Südseite) mit ganz freier, wunderschöner Aussicht auf's Gebirg. Der Seitenbalkon Osten. Drei Zimmer, sehr geräumiges Stiegenhaus, dazu im 1. Stock eine unbenutzte Küche zu Eurem Gebrauch, das ganze monatlich für Euch zwei und Anni 50 M. Das Kinderbett stellen war Euch. Also wenn Ihr Lust habt, kommt; wir würden uns alle furchtbar freuen. Ihr habt 2 Minuten in's Gasthaus, 5 Minuten zu uns; das Haus liegt ganz am Rand vom Dorf. Wenn Ihr kommt, sagt es so zeitig als möglich, damit die Zimmer etwas hergerichtet werden können.

Beihegendes Reisbild, das Dich in Anbetung vor Lisbeth darstellt, verehren wir Euch als kleines Andenken unsres schönen Sommer-Aufenthaltes.

Helmuth hat Dir von Campendonk geschrieben. Ich war ganz überrascht über die Güte mancher seiner Arbeiten; es scheint ihm pekuniär recht schlecht zu gehen. Vielleicht gelingt es Dir, den Denneken in Krefeld oder irgend jemand andres für ihn mobil zu machen.

Einliegend bekommt Ihr mit vielem Dank die 50 M. zurück – heute kam endlich das Barmer Geld.

Viele Freundsgrüsse von uns allen an Euch zwei, herzlich Dein

Fz. Marc


PS. Sei so lieb, mir die Koehlersche Greco-Photographie zu schicken; bitte vergiß es nicht. K. möchte den Greco als Galeriezeichen sich umarbeiten lassen.

Quelle:
Franz Marc, August Macke: Briefwechsel. Köln: DuMont, 1964., S. 58-59.
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