August Macke 08.01.1912

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BRIEF AUS BONN


8. Januar 1912


Lieber Franz!


Cohen erzählte mir diese Woche, in den nächsten Tagen werde die Liste der einzuladenden Künstler für die grosse Sonderbundausstellung festgesetzt (endgültig). Da ich nun voriges Jahr als Arbeitsausschussmitglied gewählt wurde und persönliche Arbeit (Flechtheim, Deusser etc.) ahne, schreibe ich dem Dr. Reiche einen ziemlich energischen Brief, dass ich nicht gewöhnt bin, dass ich sehr viel in Kunstpropaganda arbeite, überhaupt ein feiner Kerl sei, der vom Sonderbund etwas mehr ästhimiert sein wolle. Nachdem ich die etwas gewagten Zeilen losliess, hatte ich doch etwas das Gefühl, zu scharf gewesen zu sein, vor allem log ich einfach von schon angeknüpften Verhandlungen mit Künstlern. Man muss sich hier scharf zeigen, sonst arbeitet der ›Pirat‹ Flechtheim über einen weg. Er arbeitet ja am besten, verhältnismässig. Das andere ist Deusser, Clarenbach, Feinhals, Cohen, Reiche. Nun schreib mir umgehend welche guten Bilder von Pechstein, Kirchner etc. in Betracht kämen (ohne mit denen zu sprechen über die Einladung). Bitte sprich auch mit Onkel Bernhard von der Sache und bitte ihn, die besten Sachen eventuell zur Verfügung zu stellen. Die Stadt Köln hat 25000 M. für Innenausstattung bewilligt. Es ist sehr wichtig auch für seine Sammlung, das beste zu leihen. Ich schreibe ihm gleichzeitig. Und besprecht Ihr Euch.

Reiche ist nun glücklich auch für Kandinsky und wollte was geschickt haben. Es ist aber viel bei Flechtheim, und ich werde Kandinsky schreiben, noch etwas zu schicken. An Kandinsky schreibe ich gleich wegen der Russen.

Dann will ich für Kahler eine Gedächtnisausstellung vorsehen. Der arme Mensch. Ich kann das † im Katalog gar nicht glauben. Es ist so traurig. Ausserdem eine Gedächtnisausstellung Frau Wygodzinsky.

Sprich nicht zuviel von den Dingen, ausser zu Onkel Bernhard. Ich will bei der Sitzung auf einem Zettel all das bereit haben. Verstehst doch? Ich muss möglichst das Werkzeug für Euch Münchener, Russen und Berliner sein.[95]

Nauen wirkt grossartig in der Kölner Sezession. Ich auch. Alles andere ist Mist. (Ausser Thuar.)

Kandinsky schrieb von Zürich (Einladung).

Nach Berlin kam ich gern. Doch erst die Sitzung, und ich habe 800 M. Schulden. Es geht also nicht. Mit herzlichsten Grüssen, auch von Helmuth und Lisbeth,

August


Geh doch mal zu Nauen. Er ist ein sehr feiner Künstler, nach dem Bild. Matisse hat ihm einen langen Brief darüber geschrieben.

Ich vergass den überaus freundlichen Brief zu erwähnen, den ich heute von Reiche bekam. Er dankt mir und freut sich über mich wegen der Mitarbeit.

Also umgehend eine Liste der bereitstehenden guten Bilder für Juni!

Bezeichnung oder Zahl, damit ich Material habe.

Quelle:
Franz Marc, August Macke: Briefwechsel. Köln: DuMont, 1964., S. 92-93,95-96.
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