Musculus

[757] Musculus.

Musculus,

Mytulus,

Detroides.

frantzösisch, Monde. Moule. Cayeu.

teutsch, Muschel.

Ist eine kleine Muschelart, so bey den Fischereyen gantz bekannt. Ihre Gestalt kommt einem kleinen Muscul oder einer kleinen Maus von Fleische ziemlich gleich, und mag vielleicht der Name daher entstanden seyn. Sie öffnet sich in zwey gantz gleiche Theile, welche auswendig convex und wie gewölbet sind, inwendig aber concav und wie ausgehölet. Es giebet ihrer zwey Hauptgattungen: die eine findet sich in der See, die andere in den Flüssen. Die Seemuschel wird höher geachtet, dann sie hat einen weit bessern Geschmack, als wie die andre. Ihre Schale ist schwartz, blaulicht, glatt und gleissend. Sie beschliesset einen kleinen länglichten Fisch, der ist so dicke wie eine Bone, zart und weiß, schwimmt in gesaltzenem Wasser, ist im übrigen gantz delicat und gut zu essen.

Der Flußmuschel ihre Schale ist oval und gelblicht, beschliesset einen kleinen Fisch, der so dicke ist und eben also siehet, gleichwie der vorige, schwimmet[757] wol auch im Wasser, das iedoch nicht gesaltzen ist. Sein Fleisch ist etwas hart und unverdaulich.

Die Muscheln hangen insgemeine an den Klippen, auch manchmahl wol an Stücken Holtz, vermittelst einiger steinharten Materie, welche bey nahe wie die Höle sieht, darinne ein Zahn gestecket hat. Sie sind auch mit einer Gattung fasiges Moos umgeben: leben vom Wasser, mit welchem sie von Zeit zu Zeit die Schalen füllen. Sie schöpfen es mit ihren Kieffern oder Ohren, als ob sie wolten Athem holen: sie thun sich auf und schliessen sich auch wieder zu; sie machen sich zur Helffte aus der Schale heraus und ziehen sich hernachmahls wieder drein: es giebt ingleichen eine grosse Art, die oben auf dem Wasser pflegt herum zu spielen. Wann sie die Kälte vermercken, so verbergen sie sich und vergraben sich in den Sand unterweilen spritzen sie einen Saft von sich, der so weiß ist, als wie Milch. Wer von diesem Articul weitläufftigern Bericht verlanget, der kan die Dissertationes nachsehen, welche die Herren Poupart, Mery und de Reaumour, ein ieder besonders davon gehalten haben, und in den Memoires der königlichen Academie der Wissenschaften zu befinden sind. Die Muscheln führen viel Oel, phlegma und flüchtiges Saltz.

Die Schale der Muschel zart abgerieben, eröffnet und treibet durch den Urin, dienet den Durchfall zu verstellen. Sie wird von einem halben Scrupel bis auf ein gantzes Quintlein für einmahl gegeben. Der Seemuschel ihre dienet die Augenfelle an den Pferden auszutrocknen und hinweg zu bringen, wann sie zerstossen und drein geblasen wird.

Der Fisch trocknet und zertheilet.

An einigen Orten in Brasilien sollen, der Sage nach, dermassen starcke Muscheln sich befinden, daß eine, aus der Schale herausgenommen, auf die acht Untzen wieget: und die Schalen dieser Muscheln sollen trefflich schöne seyn.

Musculus sind sie darum genennet worden, entweder, weil sie schier einer kleinen Maus im Fleische ähnlich sehen, oder weil sie im Wasser mit Moose umgeben sind, das auf lateinisch muscus heist.

Deltoides, griechisch δελτοειδὴς, weil diese Schneckenschale die Gestalt des griechischen Buchstabens delta (Δ) hat.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 757-758.
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