Simia

[1050] Simia.

Simia. Simius.

frantzösisch, Singe.

teutsch, Affe.

Ist ein vierfüßiges Thier, das insgemein so groß ist wie ein Hund, auch manchmahl noch wol grösser, mit ziemlich dicken, braunen, oder auch bisweilen braunroth und grünlichten Haar bedeckt. Das Weiblein heisset im frantzösischen, Guenon, auf teutsch, Affenweiblein, Aeffin, und der junge Affe Guenuche. Er hat etwas mit dem Menschen gleich, und ahmet, oder affet ihm, nach bester Möglichkeit, nach. Die Augbraunen, die Nasenlöcher, die Zähne und die Ohren sind wie die an dem Menschen. Auf der Brust hat er zwey Wartzen, wie der Mensch; und seine Vorderpfoten sind wie Arm und Hände, mit Fingern und Nägeln; deren bedient er sich fast eben als wie wir die unsrigen gebrauchen. Sein Schwantz ist lang. Er wird in den Morgenländern geworffen, in Lybien, in Mauritanien, am Berge Caucasus, um das rothe Meer, in Egypten, in Ethiopien und in Indien. Es giebet ihrer allerhand Arten, davon die Naturkündiger zwey Hauptgeschlechte gemachet haben, nämlich, die geschwäntzten, welche von ihnen Cercopitheci, Meerkatzen, genennet worden; und die ohne Schwantz. Welche letztern sonst auch gar nicht von den erstern unterschieden sind, ausser, daß ihnen dieses Glied ermangelt. Die letztern werden auch sehr groß. Der Affe lebt von Kräutern, von Getraide, von Spinnen und von Früchten: er saufft auch Wein. Wann sein Weiblein junge hat, so hält es selbige in seinen Armen und säuget sie, als wie ein Weib ihr Kind. Dieses Thier ist boshaftig und falsch, wann es nicht zahm gemachet worden: es fällt hier oder dort einem auf den Leib und beisset ziemlich starck, um ein Stück rauszubeissen. Es führet viel flüchtig Saltz und Oel.

Sein Fleisch hält an.

Sein Hertz gebraten und gegessen, soll, wie man saget, das Gedächtnüß stärcken.

Sein Schmaltz zertheilt und ist den Nerven gut.

In Brasilien, und an vielen andern Orten in Indien, giebt es eine Gattung kleiner Affen, die werden Sagouin genannt: sie sind so groß wie ein Eichhorn; das Haar ist insgemeine pomerantzenfarbig, oder grau und scheckigt. Sie sind dermassen zarte, daß sie von der geringsten Kälte sterben.

[1050] Es findet sich auch noch eine andere Gattung kleiner Affen in Brasilien, die werden von den Leuten in dem Lande Macag genannt und sind viel grösser, als der Sagouin, ihr Haar ist auch ein gut Theil bräuner. Dieses Thier thränt immerfort, und äffet alles nach, was es nur machen sieht, gleichwie die andern Affen gleichfalls thun.

Sapajou ist auch noch eine Art der kleinen Affen, und überaus possierlich. Von Leibe ist er schlanck und dünne, bey nahe wie ein Eichhorn, mit braunrothen oder gelblichtem Haar bedecket, das Gesichte ist insgemeine weiß und das Kinn schwartz: die Augen sind groß. Er ist munter, angenehm und schmeichlerisch, freundlich, iedoch ein Dieb dabey. Die Kälte kan er so wenig vertragen, als wie der Sagouin. Er findet sich auf der Insel Cayenne in Neufranckreich und an vielen andern Orten in America.

Der Jesuit P. le Comte erzehlet in seinen Memoires von dem ietzigen Zustande des Königreiches China, als er von China an der Küste von Coromandel hingefahren, habe er in der Enge von Malacca, Affen gesehen, welche wenigstens vier Fuß hoch gewesen, und ordentlicher Weise auf beyden Hinterfüssen gehen können, die sie auch beugen, als wie ein Hund, der tantzen gelernet. Sie bedienen sich spricht er, ihrer beyden Armen, als wie wir: sie haben schier eben ein solches Gesichte als wie die Wilden auf Cap de bonne Esperance; allein, ihr Leib ist mit weisser, schwartzer oder grauer Wolle überdecket. Im übrigen lautet dieses Affen Geschrey gerade als wie das Geschrey eines Kindes: sein äusserliches thun und bezeugen kommt dem menschlichen dermassen nahe, und seine passiones und innerlichen Begierden erweiset er auf so lebhafte Weise, daß auch kein stummer Mensch seine Gedancken und verlangen besser wird ausdrücken können. Er scheinet überdiß recht sehr verliebt zu seyn: dann, wann er einer Person, welche er kennet und lieb hat, solche seine Liebe will erweisen, so umfähet und küsset er dieselbige mit solcher Entzückung, daß man sich verwundern muß. Eine gewisse Bewegung haben sie, dergleichen an keinem andern Thier in Acht zu nehmen: nämlich, sie strampeln mit den Füssen, als wie die Kinder thun, für Freude, oder aus Verdruß, wann man ihnen etwas giebet, oder versaget, welches sie doch wundergerne haben möchten. Unglaublich ists, wie geschwinde und behende sie sind; und ist mit rechter Lust und grössester Verwunderung anzusehen, wann man siehet, wie sie auf dem Tau- und Seilwerck eines Schiffes herum lauffen; dann, sie treiben es nicht anders, als ob sie springen und voltigiren gelernet, oder solten, wie die Seiltäntzer, fürs Geld, die Compagnie belustigen. Bald hangen sie sich an einen Arm, und schwingen sich nachlässig, eine Zeitlang hin und her, als ob sie sich probiren wolten: alsdann drehen sie sich im Augenblicke schnell um das Seil herum, als wie ein Rad, oder, wie man eine Schleuder herum schwinget. Bald fassen sie das Seil mit ihren langen Fingern nach und nach, lassen den gantzen Leib frey in die Luft herunter hangen, lauffen alsdann, so starck sie können von einem Ende bis zum andern, und kehren eben also schnelle wieder um. Sie können alle Drehnugen und Wendungen machen, auch alle Bewegungen nachahmen, beugen sich, wie einen Bogen, drehen und weltzen sich, wie eine Kugel,[1051] hangen sich an Hände, Füsse und die Zähne, wie es ihnen ihre närrische Afferey und Pfantasie eingiebet: und dieses alles verrichten sie auf die allerartigste Art und Weise. Doch übertrifft solches alles mit einander ihre gantz übernatürliche Behendigkeit, wann sie sich, viertzig bis auf funffzig Schritte weit, von einem Seile auf das andre schwingen. Wann wir nun manchmahl dieser Lust geniessen wolten, so liessen wir ihnen ein halbes Dutzend junger Matrosen oder Bootsleute nachlauffen, welche hierzu schon abgerichtet, und ohnedem selbst auf den Tauen herum zu lauffen gewohnet waren: da wolten dann unsere Affen ihnen alles nachmachen, thaten derowegen so ungeheure Sprünge, und kletterten mit solcher Behendigkeit, an den Masten, Stangen und dem kleinsten Zeuge auf und ab, daß sie mehr zu fliegen, als zu lauffen schienen, und übertreffen also alle andere Thiere in der Behendigkeit.

Simia kommt von σιμὸς, simus, Stumpfnase, dieweil der Affe eine stumpfe Nase hat.

Cercopi hecus kommt von χέρχος, cauda, Schwantz, und πίϑηχος, simia, Affe, als ob man wolte sprechen, ein geschwäntzter Affe.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1050-1052.
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