Tartarum

[1112] Tartarum.

Tartarum, frantzösisch, Tartre, teutsch, Weinstein, Tartarus: ist eine Materie, wie Stein oder als wie eine Kruste, welche innewendig an den Tauben der Weinfasser angehängt befunden wird. Der Weinstein bestehet aus dem gröbsten und saltzigsten[1112] Theile des Weines, der durch die Gährung sich davon gesondert hat: er ist harte, wie zum Steine worden und hat sich an die Tauben von den Fassen angeleget.

Es giebet zweyerley Weinstein: weissen, lateinisch, tartarum album, frantzösisch, Tartre blanc genannt: und rothen, der lateinisch rubrum Tartarum, frantzösisch, Tartre rouge, genennet wird. Jener kommt von weissen, und dieser von dem rothen Weine.

Der weisse Weinstein sondert sich in viel kleinern Stücken, dann der rothe; sie sind dagegen auch weit reiner und führen viel mehr Saltz.

Man soll diejenigen erwehlen, welche ziemlich dick und schwer sind, leicht brechen, weißlicht grau oder aschenfarben sehen, sauber, wie Crystallen und inwendig gläntzend sind, gar angenehme säuerlich schmecken.

Der rothe Weinstein sondert sich in dickern Stücken ab; und man soll diejenigen aussuchen, welche sauber und trocken, röthlicht und schwer sind. Dieser Weinstein ist unreiner als der weisse; er hat aber eben einen solchen Geschmack und man bekommt eben dergleichen Stücken daraus. Er führet weniger Saltz.

Der beste Weinstein kommt zu uns aus Teutschland, aus Languedoc und Provence.

Der weisse Weinstein wird gereiniget, wann er mit Wasser abgesotten, durch ein Tuch oder Seihebeutel gegossen, abgedampfet und auf gemeine Weise zu Crystallen gebracht wird. Das heist alsdann Crystal de Tarte, auf frantzösisch, lateinisch Crystalli Tartari, und teutsch, Weinsteincrystallen.

Vor diesem ward das Häutlein ab- und zusammen genommen, welches oben auf dem Wasser schwamme, wann der Weinstein abgedampfet ward: es wurde auch getrocknet und Cremor Tartari lateinisch, frantzösisch, Crême de Tartre genennet. Seit dem man aber hat befunden, daß dasselbige und die Crystallen einerley seyn, wird es unter die Crystallen gemenget.

Die Weinsteincrystallen soll man nehmen, wann es kleine Crystallen seyn, fein rein und weiß, recht getrocknet und schwer, die lieblich säuerlich schmecken. Sie werden zum Wachsbleichen gebrauchet, wie auch die Molcken hell zu machen: und da lässet man ein Quintlein dererselben in einem Mase Molcken sieden. Dadurch wird aller Käse niedergeschlagen und das Wasser abgeseihet.

Der weisse Weinstein führet viel sal essentiale, nicht gar viel Oel.

Der rothe führt weniger Saltz, dagegen mehr Oel und Erde.

Beyde Arten des Weinsteins geben Eßig, wann sie sich im Wein auflösen.

Die Weinstein Crystallen sind nur darinne von dem weissen Weinstein unterschieden, daß sie nicht so viel Erde halten.

Alle Arten des Weinsteins eröffnen und laxiren ein wenig: sie nehmen die Verstopfungen hinweg, treiben den Harn, dämpfen das Fieber, und heilen die Drüsen. Der rothe Weinstein wird gar selten innerlich gebraucht, der weisse und die Crystallen[1113] hingegen desto öfter. Auf einmahl wird ein halbes Quintlein bis auf drey gantze davon eingegeben.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1112-1114.
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