Terra Patnæ

[1120] Terra Patnæ.

Terra Patnæ. C. Biron.

frantzösisch, Terre de Patne.

Die ist eine Gattung Erde, so in des grossen Mogols Landen wächst, und der Siegelerde ziemlich nahe kommt: sie ist lettig, siehet grau und etwas gelblicht und hat gar keinẽ Geschmack. In dem Lande werden Töpfe und andere Geschirre davon gemacht, desgleichen Flaschen und Carafinen, welche so dünne und so gar leichte sind, daß sie der Wind leichtlich wegführet. Die artigsten unter solchen Geschirren sind die Flaschen, welche Gargoulettes auf frantzösisch genennet werden; dann,[1120] ob sie gleich so räumlich sind, daß sie ein gantz Pariser Maas oder Kanne fassen können; so können sie dannoch gar leichtlich in die Lüfte geblasen werden, als wie die Blasen, welche die Jungen von Seiffenwasser machen. Sie werden zu Abkühlung des Wassers gebrauchet, und das Wasser soll davon, wie man sagt, einen lieblichen Geruch und Geschmack bekommen, daß es gantz angenehm zu trincken wird. Mir gerieth ein Köpfgen von dergleichen Erde in die Hände, das war gantz glatt und trefflich leicht, mit dem versuchte ichs, habe aber nicht verspüren können, daß das Wasser solch einen Geruch und Geschmack davon bekommen, ob ich es gleich zwey gantze Tage driñen stehen lassẽ. Vielleicht gehets in dem Lande damit anders zu, dieweil die Erde frisch aus ihrem Geburts Ort hervor gezogen ist. Ihm sey, wie ihm wolle, das Geschirr wird unvermerckt gantz feuchte, und die vornehmen Indianischen Weiber verzehren es mit grosser Lust, wann sie vorher das Wasser ausgetruncken haben; insonderheit die Schwangeren, dann diese sind so gar begierig nach derselben Erde, daß keine schwangere Frau in selbem Lande solle seyn, die nicht in kurtzer Zeit alle Töpfe und Teller, Flaschen und Schalen, samt andern Hausgeräthe gleicher Art auffressen wolle, wo nicht Achtung drauf gegeben würde.

Diese Erde absorbiret und mildert die sauern Feuchtigkeiten in dem Leibe, stillet den Durchlauff und das Bluten. Sie wird von achtzehn Gran bis auf ein Quintlein auf einmahl gegeben.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1120-1121.
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