Vulpecula Marina

[1210] Vulpecula Marina.

Vulpecula marina, Bellonii, Jonston.

Simia marina, Bellon.

Alopecias, Oppiani.

frantzösisch, Renard marin.

teutsch, Meerfuchs, Seefuchs.

Ist ein grosser Seefisch, den die Scribenten unter die Walfischarten, welche knorplig und nicht platt sind und Galeodi genennet werden, gestellet haben. Dieser Fische Hauptkennzeichen sind, daß sie zwey Lebern haben, auf jeder Seite fünff Kiefen oder Ohren, und herunter hangende Spitzen an den Floßfedern, welche die Männlein an den Seiten von dem Nabel, unten an dem Bauche haben. Dieses Fisches eigentlicher Unterschied besteht in seinem Schwantze, der just wie eine Sichel sieht. Dieser Fisch wird ziemlich groß, daß er auch manchmahl auf die 100. Pfund wieget. Im Jahr 1667. ward im Junius bey der königlichen Academie der Wissenschaften ein solcher Fisch anatomiret, der war neunthalben Fuß lang und vierzehn Zoll am Bauche, woselbst er am stärcksten ware, breit. Seine Gestalt belangend, so ward er von dem Kopfe an bis an den Bauch immer breiter und breiter, hernach schmäler und schmäler, bis an den Ort, woselbst der Schwantz an einem andern Fische sich sonst endet, hier aber hube sich der seinige erst an, und war bey nahe also lang als wie der gantze übrige Leib, auch als wie eine Sichel formiret und gegen den Bauch zu gekrümmet. Mitten auf dem Rücken hatte er wie einen grossen Kamm, und bey dem Schwantze einen kleinen, an jeder Seite drey Floßfedern, unter denen die vörderste groß war, funffzehen Zoll lang und fünff am breitesten Ende breit, sahe wie ein Flügel von einem Vogel mit Federn: die mittlere war eben nicht gar groß, saß an[1210] dem Nabel, an der Seite und hatte eine herunter hangende Spitze, die dritte, nahe bey dem Schwantze, war gar klein. Sein Fell war glatt und ohne Schupen: die Kämme und Floßfedern waren harte und bestunden aus lauter Gräten, welche die Haut, damit sie überzogen waren, gantz dichte bey einander hielt. Er war über und über von einerley Farbe, grau und sehr braun, in etwas blaulicht. Der Kopf war schier nichts anders als ein grosses Stücke Fleisch, das mit den Mäuslein an den Schläfen überdecket war, und diese Mäuse waren dicker als vier Zoll. Der Schedel ware nicht viel grösser als wie eine Faust, oben fast zwey Finger dicke. Das Gehirn darinne war gar klein, weich und voll krummer Züge. Die Augen waren grösser als wie eines Ochsen, halbrund und vorne platt. An jeder Seite hatte er vier Ohren. Die Oeffnung an seinem Rachen war fünff Zoll weit und mit zweyerley Zähnen gewaffnet. An der rechten Seite des Oberkieffels bis dahin, wo sonsten andre Thiere die Spitzzähne oder Hundeszähne haben, war eine Reihe spitziger, gantz hart und vester Zähne zu befinden, alle mit einander aus einem einigen Beine, in Gestalt einer Säge gemacht: die andern Zähne, damit der Uberrest an diesem Kieffel ausgesetzet, desgleichen auch der untere, bestunden aus sechs Reihen in allen, waren beweglich und mit fleischigen Häutlein bevestiget. Ihre Figur war dreyeckigt und spitzig, sonst waren sie nicht so gar hart, als wie die andern, die wie eine Säge sahen, absonderlich die innersten, dann diese brachen stracks. Die Zunge hunge gantz am Unterkieffel und bestand aus einem Hauffen Beinen, welche vermittelst fleischiger Zasern gantz veste in einander eingelencket waren. Sie war mit einer harten Haut bezogen und mit kleinen gleissenden Spitzen besetzet, welche sie gar scharff und rauhe machten. Diese Spitzen sahen durchs Vergrößrungs Glas durchsichtig, wie Crystall, waren drey Linien lang und anderthalbe breit am untern Ende. Seine Kehle war sehr weit, desgleichen auch der Schlund so weit als wie der Magen, darein, wie die Scribenten melden, er seine jungen soll verbergen, wann sie etwas zu fürchten haben, die er hernachmahls wiederum ausspeyt, wie er sie eingeschluckt. Sein Hertz hatte die Gestalt und Grösse eines Hünereyes, aber kein Hertzhäutlein, nur ein einiges, jedoch sehr grosses Ohr, und auch nur eine Höle, wie die andern Thiere alle haben, die keinen Athem hohlen dürffen. Sein Hertz hatte wol kein Häutlein nicht, allein die grosse Schlagpulsader war mit einem überzogen, welches einem Hertzhäutlein nicht unähnlich sahe, und sie dergestalt umgabe, daß es gar an keinem Orte an derselben hunge oder veste ware, sondern es schlotterte drum herum. Die Leber nahm die gantze rechte Seite in dem Bauche ein: sie war in zwey lobos oder Stück zertheilet, welches allem vermuthen nach die Scribenten veranlasset, daß sie ihm zwey Lebern zugeschrieben. Dieser Fisch hält sich insgemein an schlammigen Orten auf und frisset Kraut und Fische. Er ist sehr fleischig und hat an manchen Orten mehr als Daumensdicke Fett. Sein Fleisch schmeckt ziemlich gut. Er führt viel flüchtig Saltz und Oel, gar wenig fixes Saltz bey sich.

Sein Fett erweichet und zertheilet.

Vulpecula kommt von vulpes, Fuchs, dieweil die Alten sich einbilden lassen, dieser Fisch sähe einem Fuchse einiger massen gleich, wiewol die itztgegebene Beschreibung gantz ein anders weiset.

[1211] Alopecias kommt von ἀλώπηξ, vulpes, Fuchs.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1210-1212.
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