Ein Irrtum

[266] Nicht die Literatur hat modern zu sein (Cui bono?!), sondern das Leben selbst, aus erster Hand, für die modernen Lebendigen! »Wenn ich Dir etwas schenke, was mir lieb und teuer bisher war, so kann ich es nur unter der Bedingung, daß mein Schenken eine Art raffinierten Wuchergeschäftes mit meiner eigenen Seele, meiner eigenen inneren Selbst-Erhöhung ist! Es muß sich in mir selbst durch mein Gefühl der Selbstentäußerung wucherisch gleichsam oder reell sogar (Tonicum der Nerven) belohnen! Schenken, um zu schenken, ist unmenschlich, ja fast unmöglich. So wandle der moderne Mann neue seelisch-hygienische-diätetische Pfade! Die moderne Literatur, gut oder schlecht, gleichviel, ist ein unnötiges Ablenkungsmittel,[266] aber kein Lehrmittel der Seele oder des Geistes! Niemand wird besser, tiefer, ernster, menschlicher dabei, dadurch. Cui bono?! Wem also zugute?!?«

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 266-267.
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Mein Lebensabend: [Reprint der Originalausgabe von 1919]