CVII.

[113] 1. Frölich so wil ich singen,

wol hewr zu dieser frist,[113]

Wol von dem könig aus Ungern,

der unschuldig gestorben ist.

Er war bey zwenzig jaren,

ein könig in Ungerland,

und war von edlem stamme,

könig Ludwig war sein name,

ein könig in Ungern und Behemer land.


2. Im ward kürtzlich verheirat,

ein frewlein was hoch geborn,

Von keyserlichem stamme,

das thet den Ungern zorn.

Man saumet sich nit lange,

und führet sie in das land,

da gab man sie zusammen,

Maria was jr namen,

jr lob steht weit und breit erkandt.


3. Die zwey die lebten in frewden,

bis an das fünffte jar,

In freundschafft und in ehren,

das thet den Ungern zorn.

Die Behemen und die Teutschen,

die fiengen viel kurzweil an,

das wolten die Ungern nit leiden,

wolten jhren könig vertreiben,

sie halffen jhm kürtzlich aus dem land.


4. Einer heisst Jonas Wayde,

der was dem könig gram,

Dem Türcken thet er schreiben,

solt jm nülff und beistandt thun.

Dem könig zu vertreiben,

jm helffen unter die kron,

darnach wolt er jhm geben,

bey alle seinem leben,

den tribut wol aus dem Ungerland.


5. Der Türck saumpt sich nit lange,

er zog wol in das feld,[114]

Mit hundert mal tausent manne,

kam er in das Ungerland.

Griechisch Weissenburg ward ubergeben,

stedt, schlösser und die land,

die besten potentaten,

haben jren könig verrathen,

ist jnen jmmer und ewig ein schand.


6. Es gieng gegen dem sommer,

gegen der sommerzeit,

Die büchsen hört man krachen,

im Ungerlandt so weit.

Stedt, schlösser waren eingenommen,

darzu Petro Waradey,

das wolten die Ungern rechen,

wolten mit dem Türcken fechten,

sie waren frölich bey dem wein.


7. Die Ungern saumpten sich nit lange,

sie zohen wol in das feld,

Ein wagenburg theten sie machen,

auffschlugen sie jr gezelt.

Sie machten einen hauffen,

den könig zu förderst dran,

jhren könig theten sie verkauffen

er möcht ihn nit entlauffen,

könig Ludwig der junge man.


8. Die schlacht die was verloren,

einer heist der Thumer Paul,

Der Türck hat jn geschoren,

ein plat ist nit zu schmal.

Graff Görg ward sein jnnen,

des königs oberster war,

aus dem feld wolt er entrinnen,

in der Thonaw thet er schwimmen,

also empfieng er seinen lohn.


Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 113-115.
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