[14] PYRAMUS.
Wer Gott im Himml sein noth noch Clagt,
Demselbn sein hulff er nicht versagt,
Wie ich den itzund hab gespurt.
Er hat mich auss der noth gefurt,
Dafür ich ihm mein leben langk
(: Wie billig ist :) wil sagen danck.
So vberauss gross güt vnd gnadt
Er heute mir beweiset hat.
Ich hoff mir sei nun fast gelungn,
Darnach ich lang zeit hab gerungn.
Wie Ich daheim sass gar allein
Jetzundt da in der Cammer mein
Vnd Eieff mit gantzem Ernst zu Gott,
Dass er mir hulff auss dieser noth,
Da Kam ohn gfehr ein Kleine mauss
Und lief da auss der Thisbe hauss
Durch einen Ritz da in der wand
(: Ich gleub dass Godt sie hatt gesand :)
Die lieff herumb in meiner stub.
Als ich mich aber nun erhub
Vndt anfieng sie herumb zu jagn
Vnd wolt sie haben auch erschlagn,
Da lieff sie wieder zn der Wandt,
Da sie gar balt das lochlin fandt.
Ich trat hinzu vnd sah ihr nach,
Da wardt gewand mein vngemach,
Den ich Kunt durch den Ritz fein sehn
Vnd Thisben da Spatzieren gehn.
Welchs mir den auch gefiel gar wol,
Vnd hoff dass mir gelingen soll,
Dass ich dadurch sie rede An.[14]
So muss mein trawren von mir lahn,
Wen mir allein mucht wiederfarn,
Dass ichs ihr Kunte offenbarn.
Ich weiss nicht, wie ichs an sol fangn,
Dass ich ihr sage mein verlangn.
Wen Sie doch mucht fur ihre thur
Ein mahl alleine Komn herfur,
Alsden wolt ich ihr wol Kurtz Rund
Meins hertzen meinung machen Kund.
Ich wil ein wenig gehn hinein
Vnd negst hiebei verborgen sein,
Dass ich balt Kommen Konn herfur,
Wen sie vielicht Kem fur ihr thur.
Interloquatur Morio. Narr.
Ich meint, ich wer ein albern Narr,
Jedoch da ich ein Buler war,
Sagt ichs drumb so nicht iederman,
Wiess war vmb meine lieb gethan
Sein Sache die sol heimlich sein,
Doch Kan ers nicht behaltn allein.
Er muss hie Kommen auff die gassn
Vnd iederman ess wissen lassn.
Weil solche Narren wollen weibn,
So wil ichs auch nicht lassen bleibn.
Wass gilts, ich wolts so heimlich machn
Als Pyramus in solcher Sachn.
Schon Jungfraw, wollet ihr mich habn,
Ich wil euch mit der Crohn begabn
Odr mit der Ketten, die ist golt,
Wass ihr am liebsten haben wollt.
Doch Schweig, der Buler ist da wiedr,
Er geht die Gass offt auff vnd niedr.
Ich muss ihm ietz gewiss entlauffn,
Er wolt mir sonst mein Kopf abkauffn.
Buchempfehlung
Der junge Vagabund Florin kann dem Grafen Schwarzenberg während einer Jagd das Leben retten und begleitet ihn als Gast auf sein Schloß. Dort lernt er Juliane, die Tochter des Grafen, kennen, die aber ist mit Eduard von Usingen verlobt. Ob das gut geht?
134 Seiten, 7.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro