Geneigter Leser /

Ob mir wohl nicht verborgen / daß nach dem Urtheil eines gelehrten Mannes das Bücher-Schreiben vor eine theils unbesonnene, theils verwegene / und aus einer kleinen Philavtie herrührende Sache gehalten werde / alldieweil man sich ohne Noth vor so vieler unterschiedlich-urtheilender Ingeniorum Richter-Stuhl stellet: So erkühne ich mich doch / mit diesem schlechten Wercklein dir vor die Augen zu treten; Doch nicht in der Meynung / als ob ich meine Feder mit dererjenigen ihrer vergleichen wolle / welche mit ihren angenehmen / schönen und nützlichen Materien der curieusen Welt bißhero gnugsames contentement verschaffet / denn meine Profession ist eben nicht das Bücher-Schreiben / vielweniger finde mich capable /diese curieuse Materie vom Toback ex fundamento zu untersuchen / worzu Männer von profonder Gelehrsamkeit und Erfahrung gehören; Sondern meine raison ist diese: Ich habe nach meinen zurückgelegten ordentlichen Verrichtungen die bißweilen mit unterlauffenden mißvergnügten Stunden mit Lesung guter und nützlicher Bücher zu versüssen getrachtet / auch hie und da einige angenehme Curiosa aus selbigen excerpiret. Da ich nun in meinem schlechten apparatu einige merckwürdige Dinge von dem edlen Kraute des Tobacks angetroffen / als habe vermeynet / es würde nicht undienlich seyn / wenn ich erwehnte Merckwürdigkeiten in eine gewisse Ordnung brächte /und selbige denen Liebhabern dieses Krauts zum vergönnten Zeit-Vertreib mittheilete. Und in solcher Absicht nehme ich mir die Freyheit / diese schlechte Arbeit unter die Presse zu geben / den geneigten Leser aber aufrichtig zu versichern / daß ich mich nach Mögligkeit befliessen / durchgehends in diesem Wercklein nicht durch einige sündlich geartete Redens-Art frommen und Gottseeligen Augen Anstoß oder Aergerniß zu geben / gegentheils aber einem jedweden Lust und Nutz zu ertheilen. Ubrigens gebe ich dir / geneigter Leser / freye Macht / von diesem Büchlein gut oder böse zu urtheilen / auch wird es mir einerley seyn / ob du diese Blätter deines Anschauens würdigest / oder dich derselben bey dem Gebrauch des Tobacks an statt der fidibus bedienest / indem ich nicht eben gesinnet / wie der bekannte Engelländische Poet Owenus / welcher von seinem Buche also wünschet:


Tabificum non aceendat liber iste Tabacum,

Terge libro potius posteriora meo.

Quelle:
Das beliebte und gelobte Kräutlein Toback oder Allerhand auserlesene Historische Merckwürdigkeiten. Chemnitz 1719, [Nachdruck Leipzig 1971].
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