Erste Szene.

[41] Ferner in bequemer Hausjoppe und Höllerer sitzen an dem Tische, letzterer mit dem Rücken gegen das Fenster. Beide rauchen und haben vor sich einen Krug und Imbiß; später Crescenz.


HÖLLERER. Der Tag neigt sich; heunt kommt dein Sohn wohl nimmer, müßt ja sonst schon da sein. – Warten wir nit unnötig, und ich kimm' nit gern spät heim. – Wo steckt denn der Toni?

FERNER. Wird mit der Crescenz gangen sein, mein' Wirtschaft anschaun. Hat a gute Führerin, die weiß Bescheid. Sieht durch das Fenster. Kann gar nit weit sein, denn dort drüben steht die Crescenz und plaudert mit der Großdirn.

HÖLLERER. Ruf s' rein!

FERNER. Soll gleich da sein. Steht auf und ruft vom rückwärtigen Fenster. Crescenz! He! Kimm rein!

CRESCENZ außen. Gleich, Vater.[41]

FERNER dasselbe schließend. Freilich wohl, gleich.


Kommt an den Tisch zurück.


HÖLLERER. Dein Viehstand und Hauswesen is bekannt weit und breit. Wie steht's denn draußt auf die Felder? Bist z'frieden?

FERNER. Ah freilich! Ich dank Gott dafür! Es is a gesegnet Jahr.

HÖLLERER. Bin auch z'frieden, wenn wir's so reinkrieg'n, wie's draußt steht.

CRESCENZ kommt herein. Da bin ich. – Was wollt's denn, Vater?

HÖLLERER auf Ferner. Der Vater will dir nix, aber der Vater fragt dich: Dirndl, was hast denn mit mein' Bub'n ang'fangt, daß d' ihn nit mitbringst? Hast 'n leicht verlor'n oder gar versetzt?

CRESCENZ. War' er verlor'n, könnt's ihn schon austrommeln lassen, ich such' ihn nit; war' er aber versetzt, ich löset ihn a nit aus.

FERNER. Na ich hoff, es werd't's doch nit am ersten Tag zum warteln ang'fangt hab'n.

CRESCENZ. Ah freilich, tut er ja grad, als müßt' mir's a Gnad' sein, daß er mit mir geht; ich hab ihm aber gleich g'sagt, ich wär die Crescenz mit 'm hart' Talersackel und nit die Vroni mit 'm Fetzenbinkerl.

HÖLLERER. Sikra h'nein! Dös hat's nit Not! Er hat a Talersäck'.

FERNER. Mußt nit so rar tun mit 'm Toni. Die Dirn kann ihn leiden und ich wett', sie hat nur von d' Taler g'red't, weil s' dös von der Vroni g'magerlt hat.

HÖLLERER. Kannst recht hab'n. Die verliebt' Weibsleut' schlag'n a auf d' Talersäck' und meinen den Esel, der s' drum nimmt. Kreuzdividomini! Wo is er denn hin, der Wildling?

CRESCENZ. Von mir davong'rennt.

HÖLLERER. Vielleicht heim?

CRESCENZ. Na, die entgegengesetzte Straß'.

HÖLLERER. Sternsakra! Wohin?

CRESCENZ. Weiß ich's? Vielleicht auf Ottenschlag zu der Dirn', der Vroni nach.[42]

HÖLLERER. Na, das wär unnötig.

CRESCENZ. Er hat g'sagt, er wußt wohin, wo man 'n lieber hätt.

HÖLLERER. Na, du kimm mir heut heim. – Die dumm' G'schicht' hat mir nie ang'standen – mein', 's is aus – und jetzt! Hätt'st 'n auch d' erst' Zeit festhalten können, daß er s' vergißt.

CRESCENZ. Soll er s' nehmen.

HÖLLERER. Tu nit so. G'schähet uns allz'samm kein G'fall'n, dir zum wenigsten.

CRESCENZ. Wann er so is.

FERNER. Sei du still, Dirn! Und du, Schwiecher, sag 'm Toni, er soll kein' Narr'n spiel'n, sonst war's wohl nix!

HÖLLERER aufstehend. Is enk so weng dran g'leg'n? Ich merk's, er soll enk nur 'n Narr'n mach'n, dann wird erst recht was draus.

FERNER. Schwiecher!

HÖLLERER. Ach was! Schwiecher hin, Schwiecher her! Hast du ihm dein' Dirn nit naufg'worfen?

FERNER. Ich hätt ihm s' naufg'worfen?

HÖLLERER. Vielleicht nit? Hast's nit?


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Der Meineidbauer. Stuttgart 1959, S. 41-43.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Meineidbauer
Der Meineidbauer (Dodo Press)
Der Meineidbauer
Der Meineidbauer.
Der Meineidbauer
Der Meineidbauer