Sechster Auftritt.

[74] Die Fräule, hernach die Lisel.


FRÄULE. Gewiß, die Lisel ist sehr vorsichtig. – Es würde verdächtig seyn, wenn man sie bey mir anträffe, oder nur weggehen sähe. Sie behorchet die Zimmerthüre ihrer Stiefmutter. Hier ist alles stille. Sie eröfnet ihre Zimmerthüre, und ruft ganz leise. Lisel! – Lisel! geschwind! mach' sie sich aus dem Staube! Die Lisel lauft sehr schnell ab. Hä! – du bist glücklich Nannette! – deine Reize haben gesieget. – Der Marches liebt dich. – Er läßt sich dir zum Gemahl anbiethen. – Du hast dich nun erklärt, die Marchesinn, seine Frau, zu werden. – Fehlt dir noch etwas von deiner Glückseligkeit? – nichts, – nichts, als der erwünschte Augenblick, in welchem du dich mit ihme verbinden wirst. Sie wendet sich gegen das Zimmer ihrer Stiefmutter. Für dich aber, hochmüthige Theatersigur! die du nur eine angelehnte Frau von Habicht bist; – für dich wird sich der Name einer Bestie besser schicken, als einer Marchesin.

[74] Aria.

Von der Fräule.


Wenn dem Adler das Gefieder

Aus der grauen Höh' erblickt,

Beugt sich alles vor ihm nieder,

Staunet, starret und erschrickt.

Ich ein Habicht von der Wiege,

Zähl mich in des Adlers Fach,

Operistinn! förcht mein' Siege,

Dich zu beugen ist mein Sach.


Geht ab in ihr Zimmer.


Quelle:
Antonio Salieri: Der Rauchfangkehrer. Wien 1781, S. 74-75.
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