Worterklärungen.

[208] Albus m. eine (nun abgewürdigte) rheinländische Münze, die, wie so viele andere, in Schwaben gäng und gebe war.

Allgäu n. die oberländische Gegend zwischen dem Lech und der Iller. Wol richtiger Alpgäu.

Ammann m. der Amtmann, Schulze.

Aemse verkürzt aus Ameise.

Apart adj. und adv. besonders, eigen, (a parte). Der gemeine Mann verschmäht nicht fremde Wörter, doch macht er sie sich sogleich mundgerecht, bieg- und fügsam. Vergl. Extra.

Balgen v. zanken, mit Worten streiten. Alt belgen, zürnen.

Bannwart m. der Wärter, Hüter eines Gebietes, (z.B. Gehölzes Bannholzes), dessen Benutzung nur der Herrschaft zusteht. Vergl. Eschhay.

Beiten v. warten, harren; auch leihen, borgen.

Brät n. Fleisch, das Fleischige, das Mett; insbesondere das fleischige Hintertheil.

Bräu m. der Brauer (wie Bäck st. Bäcker, Wart st. Wärter u.a.).

Brente f. der Bottich, die Kufe, das Schaff.

Brieggen v. weinen. Ueber die verschiedenen Ausdrucksarten für »weinen« s. m. philologische Belustigungen. II. 32. (München, 1824.)

Büchel, Bühel m. kleine Anhöhe.

Bünkel (Pünkel) m. erhobener, vorragender Theil; bauschige Masse, Bund, Bündel.

Bunkes m. kleiner dicker Mensch; Knirps. Verwandt mit Bünkel, Buckel.

Bütsche f. ein größeres, hölzernes Trinkgefäß. Verw. mit Butte.

Butzemann m. vermummte Person, (Fasnachtsbutz), Kobold, Knecht Ruprecht.

Bygost! Ausrufformel; verderbt aus: by (bey) Gott! Das Schiboleth der Allgäuer, deren Dialect sich schon der oberrheinischen schweizerischen Mundart annähert.

Dachtel f. Ohrfeige. S. phil. Belustigungen II, 25.

Däsig adj. und adv. kleinlaut, zahm, unterwürfig.

Dennest adv. gem., st. dennoch.

Digen, gedigen part. von deihen, dichter werden, austrocknen; geräuchert.

Donnerschlächtig adj. werth, daß einen der Donner erschlage; nichtswürdig, verrucht. – Wieland gebraucht dies sein landsmännisches Wort irgendwo in seiner Uebersetzung des Lucian.

Drangeld n. das Angeld, das Handgeld, arrha.

Dreibätzner m. ein Viergroschenstück. Der Schwabe zählt, wie der Schweizer, meistens nach Batzen.

[209] Ein Ding (es ist), gleich viel.

Eisen plur. Fesseln, Gefängniß.

Eschhay, m. der Flurschütz; aus Esch, Zelge, Flur, und Hay, Hüter (dieses von haijen, haigen).

Extrafein überaus (extra) fein. Etwas Exteres, Außergewöhnliches. Vergl. Apart.

Fachsen (spr. Faxen), plur. spaßhafte Einfälle, Scherzreden, Possen. S. phil. Belust. I, 74.

Fäsig adj. und adv. dünn stehend, selten, rar; zunächst vom Getreide.

Fasnachtsbutz m. Siehe Butzemann. Ueber Fasnacht vergl. Schmeller's bayerisches Wörterbuch I, 568.

Fatzvogel m. der Possenreißer, (wie Speivogel, alt, Spötter). Vergl. Fachsen.

Fazinetle, Diminutiv von Fazinet, und dies vom Ital. fazzoletto, das Nasentuch. – Der Süddeutsche hat so manches Wort, mit der Sache, von dem Italiäner entlehnt, so wie dagegen der Nord-Italiäner vom Deutschen sein bierra, crauti u.a.

Fetzenkerl m. großer unförmlicher Mensch; sonst auch Enz-Kerl.

Flarren, laut und heftig weinen. Vergl. brieggen.

Föhl f. (Allgäu) Mädchen, Tochter. S. Schmeller v. Födel.

Fraiß f. convulsivischer Zustand.

Fuhr f. das Benehmen, das Betragen, die Auffüh rung. Die Unfuhr, üble Aufführung, Scandal.

Gäbisch adj. u. adv. verkehrt, von äbisch, äbicht, mit dem Präfix.

Gaudi f. lustige Unterhaltung, ein Jucks. Vom Latein. gaudium.

Gefriß n. niedrig, Mund, Gesicht, Miene. Von Fressen.

Gispel m. ein flatterhafter, unachtsamer Mensch. Vergl. Schliffel.

Glitzen, glitzern, glänzen, schimmern.

Gött m. der Pathe; Engl. god-father. Verg. Tott.

Gottig, gotzig adj. und adv. einzig. Vielleicht elliptisch aus der Formel gottseinzig entstanden.

Grattel f. die Scheide der Beine. Daher gratteln v. die Beine auseinander sperren, schwerfällig gehen. Grattlings adv. wie rittlings, stehlings, gehlings, d.h. im Zustande des Reitens u.s.w.

Grind m. verächtlich f. Kopf, Schädel.

Grindten m. ein hoher Vorberg im Allgäu.

Guck-Aehnle plur. die Urgroßältern. Vergl. Schmeller v. die An.

Gumpen, tiefe Stelle in Flüssen und Seen.

Halt, ein in den oberdeutschen Dialecten sehr gewöhnliches Wörtlein, das für gewisse Nebenbeziehungen des Satzes gebraucht wird. Siehe Schmeller's Wörterbuch, und vergl. phil. Belust. I, 69.

Hag m. Stier, Zuchtstier. Hievon, in dem Sinne des Befruchtenden, Erzeugenden überhaupt, unser hochdeutsches Hecken, Intensiv von Hägen.

Hapus (verstümmelt aus Habemus?), eine der vielen Bezeichnungen, welche die Mundart für »Rausch« aufzuweisen hat. S. philologische Belustigungen I, 82–88.

Häß n. die Kleidung. Alt Heze. Verwandt mit Hosen, in weiterer Bedeutung, Hülle.

[210] Heimen, sich einheimen, heimisch machen.

Heim schicken, eigentl. nach Hause senden; fig. und ironisch: abfertigen, mit Spott und Schande entlassen.

Heinen, weinen. Anderswo hienen, zumal von Hunden. Vergl. brieggen.

Hemat n. das Hemd (wie im Hochdeut. Zierat und Zierde.)

Heuren v. (das Stammwort von Heurath), heurathen.

Hirnkasten, fig. f. Schädel. Kasten heißt im Oberdeutschen auch der Raum unter dem Dach (sonst auch Boden genannt), meistens zur Aufbewahrung des Getreides bestimmt.

Hores Mores, das erste Wort wol nur eine tonische Duplication zu mores, Sitten, und dieses aus der Schulsprache ins gemeine Leben übertragen, (wie Hokus pokus).

Huischel m. Heuschel, das Füllen oder Fohlen. (Die Form ui st. eu häufig, wie im Althochdeutschen, noch im gemeinen Leben, z.B. Fuir, Tuifel und ähnlichen).

Hüst! (anderswo wist!) ein Lenkwort für Zugvieh, um es nach der linken Seite zu leiten; im Gegensatze zu hott!

Hy! Treibwort für Zugvieh.

Imme f. die Biene.

Janker m. kurzes Oberkleid, Jacke.

Just (juste) eben, genau, recht.

Kalfakter m. Müßiggänger, Taugenichts (ursprünglich wol calefactor, Ofenheizer). Daher kalfaktern, müßig gehn.

Känntle, Diminutiv von Kanten, st. Kanne, Kännchen.

Kappel f. die Kapelle (wie Spittel st. Spital).

Käste f. die Kastanie.

Käther, weiblicher Taufname für Katharina.

Kauzen m. (Bayerisch: Küenzen) Fettansatz unter dem Kinn. Den Kauzen einem streichen, ihm schmeicheln, zärtlich thun.

Keiche f. finsteres Gemach, Kerker.

Keif adj. und adv. nachdrücklich, stark, heftig. Auch keib, gehiebig.

Kirbe f. verderbt aus Kirchweih. S. a. s. O. Auch eine andere Aussprache für Kerbe.

Kläpperle, Diminutiv von Klapper. Einem ein Kläpperle anhängen, ihn dem Spotte preisgeben. Anspielung auf die Klapper der Narren.

Knöpfle, Diminutiv von Knopf, kleine Mehlklöse.

Kog m. eig. Aas; fig. ein niedriges Schimpfwort.

Krechseln, klettern. Vergl. kreisen.

Der Krätten, der Korb; alt cratto. Der Krättenwagen m. ein Korbwagen. Anderswo die Benne.

Kreisen v. kriechen; alt chresan, repere, niti.

Kuchel f. die Küche.

Lalle m. niedrig, unausrichtsame Person (Schweiz. Löli). – Man wird übrigens dem Erklärer die unangenehme und oft schwierige Pflicht gern erlassen, jedes solcher Schimpfwörter, an denen die Mundart so reich ist, zu interpretiren.

Lander n. das Geländer.

[211] Landssprache, Mundart, Dialect. Im Gegensatz zur Schriftsprache.

– Le, Diminutiv-Form, contrahirt aus lein (Schweiz. lin, li, Bayerisch 'l). Der Schwabe hängt es nicht blos gern an Hauptwörter, sondern auch, zumal in der Kindersprache an andere an; z.B. achele! st. ach; wägerle st. wäger, wahrhaftig.

Leiben v. act. übrig lassen, vom Munde sparen. Das Primitiv von bleiben u.a.

Leible n. das Leibchen, die Weste.

Letz f. Ergetzung. Zu guter Letz, pour la bonne bouche.

Loden m. grobes Tuch, hochd. die Lode.

Losen, horchen, lauschen. Alt.

Lugen, sehen, schauen, lauern. Lugen und losen gelten insgemein als Schiboleth der Schwaben.

Luser m. Schweiz. Lauser. Die Zärtlichkeit gemeiner Leute bedient sich oft der umgekehrten Ironie, so daß ihnen Schimpfwörter als Euphemismen gelten.

Lyrant m. Leyermann, Spielmann.

Mämmeli, Schweiz. Mütterchen. Mämme und Aette, Vater und Mutter.

Der Mayenbaum, auch der Mayen schlechtweg, die grünende Birke, auch wol die Tanne, die, abgehauen, zur Zierde aufgepflanzt werden.

Mayvögelein, der Schmetterling; sonst Milmahler.

Menbub m. der, welcher das Zugvieh vor dem Pfluge leitet. Von menen (Franz. mener), leiten, führen.

Metzger m. Fleischhauer, Schlächter, von metzigen, metzgen, schlachten, und dies vom alten metzen, welches noch im Hochd. Steinmetz übrig ist.

Mir nichts, dir nichts, ohne Rücksichten, ohne Umstände.

Morixeln, gem., sterben, mori.

Mollen m. Stier, Ochs; durch welche Bezeichnung zunächst das Fleischige, Fette, das Mollige am Thier angedeutet wird. Daher fig. Schmerbauch. Vergl. Hag.

Mütterle, ein altes Weibchen. (Für Mutter in engerer Bedeutung lautet das Diminutiv Mutterle; so wie auch zwischen Väterle und Vaterle u. dgl. unterschieden wird.)

Nächten adv. gestern; vornächten, vorgestern. Unsere Voreltern haben bekanntlich die Tage nach Nächten bestimmt.

Niederträchtig adj. und adv. herablassend, leutselig. Im Gegensatz zu hochfahrend, hoffärtig.

Pampeln, hängend sich bewegen, bammeln.

Pfanzel n. contrahirt aus Pfannzelten, eine Art Pfannkuchen.

Pfnausen, schnauben, schwer athmen. Onomatopöie.

Pfulben m. das Pfühl, Kissen.

Ploderer m. Schwätzer, Plauderer Lügner.

Ploderment n. das Geschwätze.

Potz Blitz! eine Fluchformel, verderbt aus Gott's Blitz! Der gemeine Mann, der solcher Formeln nicht entrathen mag, hütet sich jedoch[212] wohl, heilige Wörter, in ihrer Reinheit und Nacktheit, zu entweihen. Vergl. Bygost.

Progeln v. rec. groß thun, prahlen. Verwandt mit dem letztern und mit prangen.

Räß adj. und adv. dem Geschmacke nach beißend, scharf.

Ratz m. die Ratte.

Reich n. im eingeschränktern Sinn: Schwabenland. Daher ein Reichler, ein Schwabe.

Ries n. die weite, flache, fruchtbare Gegend um Nördlingen.

Rumpelkammer, – wo Gerümpel aufbewahrt wird.

Ritt f. auch der Ritten, das kalte Fieber. Daß dich bie Ritt schütt'! daß dich das kalte Fieber anwandle, schüttele!

Röhren, überlaut und heftig weinen.

Runkunkel f. dickes, häßliches Weib. Vergl. Runks bei Adelung.

Schaffen, verlangen, befehlen. Anschaffen, anbefehlen.

Salveni (salva venia), mit Erlaubniß zu melden.

Schatzhauser m. (wie das einfache Schatz, Schätzle), der und die Geliebte. Wofür auch, doch nur im Scherze, der Holderstock.

Schettern, Onomatopöie, schallen, wie z.B. ein gespaltener Topf.

Scheuernburzler m. niedriges Schimpfwort; Landstreicherkind, Hurensohn.

Schimpf m. (in der ältern Bedeutung und im Gegensatze zu Ernst) Scherz. Daher schimpfeln, scherzen, spielen, tändeln.

Schlenzen, wegschlenzen, schleudern, wegwerfen.

Schliffel m. ein schlauer, abgeschliffener Mensch. S. phil. Belust. I, 75.

Schnaufer m. der Athem.

Schubet f. die Rinde, die Kruste von Speisen, die sich am Kochgefäß ansetzt.

Schupfen v. schuppen, in die Höhe schnellen.

Schwabe f. verderbt aus Schabe (ein Insect). Der Volkswitz verwechselt das genus, und unterstellt schimpflicherweise Schwabe m.

Sehr adj. und adv. wund, schmerzlich. Das Wurzelwort vom Hochd. versehren.

Spätzle, Mehlklöschen von der kleinsten Art.

Speyen, spucken, Speichel auswerfen.

Stät adj. und adv. sachte, leise, langsam, sanft, still. Goethe bedient sich des Wortes in dieser Bedeutung in seiner »neuen Melusine.«

Staude f. Strauch. Im Plural ein mit Gehölz bewachsenes Hügelland (wie Wald, z.B. im Schwarzwald, ein waldichtes Gebirgsland).

Stiegel m. eine Stufe über den Zaun zu steigen. In Meißen (nach Adelung) die Stieglitze.

Strählen, kämmen. Von Strähl, der Kamm; und dies, wie Adelung meint, von Strahlen, den Zähnen eines Kammes.

Strolch m. Landfahrer, Landstreicher. Von strolen (straulen), herum streichen.

Stuir f. Steuer, Abgabe. Vergl. Huischel.

Talket adj. und adv. von talken, v. unreinlich, ungeschickt verfahren, und dies von Talken m. teigige, klebrige Masse. Der Talk, ungeschickter Mensch.[213]

Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 2, Leipzig [um 1878/79].
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