[313] Dedication.

An Ihro Majestät des deutschen Publicums.

Zu Füßen leg' ich Höchstdenselben hier

Ein treu gemaltes Bild, nicht ohne Bangen,

Daß Sie danach gar nicht verlangen,

Weil's nur von mir,

Der fremd und namenlos – zum wenigsten vergessen –

Ganz ungebeten, und vielleicht vermessen,

Zum höchsten Thron der Menschheit mich genaht,

Aus bloßer Lust zum Malen in der That.

Ich leugn' es nicht, Sie haben mir gesessen;

Ich stahl bei'm Zwielicht in Ihr Kämmerlein

Mich zwischen Ihrem Schlaf und Wachen ein.

Verzeihen Eure Majestät indessen

Der – wenigstens für mich – brotlosen Kunst zulieb

Dem armen Dieb!

Sie nehmen ja mit jedem Werk vorlieb –

Und Dero Gottesgnad' in Kunst ist nicht zu messen:

Das weiß ich – und das giebt mir für mein Werk den Muth,

Ohn' all' Empfehlung großer Mäcenaten

In Höchstderselben selbst regierten Staaten

Es dem Augustus Selbst zu bringen kurz und gut.

Betrachten Sie's! Sie werden, will ich hoffen,

Wenn anders Sie sich recht im Spiegel je gesehn,[313]

Mit einem gnäd'gen Lächeln mir gestehn,

Es sey, wenn auch nicht schön, doch wenigstens getroffen.

Nur mögen Eure Majestät darin,

Nicht wie der sel'ge Kaiser einst von Tschin,

Deß Bild ein Brite malte, sehr erschrecken

Vor den scheinbaren vielen schmutz'gen Flecken!

Sie haben ja für's Dunkle deutschen Sinn,

Und nicht chinesischen für's bloße Helle.

Ich habe jeden Zug gemalt nach der Natur,

Und Schatten angebracht, wie Licht, an seiner Stelle:

Sind hier und dort die ersten etwas grelle,

Sie heben um so mehr das Helle nur.


Der Verfasser.[314]

Quelle:
Baggesen, Jens: Der vollendete Faust oder Romanien in Jauer. Jens Baggesen's Poetische Werke in deutscher Sprache, Bd. 3, Leipzig 1836 [Nachdruck: Bern, Frankfurt am Main, New York 1985], S. 313-315.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der vollendete Faust oder Romanien in Jauer
Der vollendete Faust oder Romanien in Jauer