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[84] In Brook bei Lübz ist es bei großen Hochzeiten Sitte, daß die Brautleute von den Musikanten nach einander zur Kirche geleitet werden. Zuerst wird der Bräutigam zur Kirche geführt, und bei diesem bleiben die Trauführer zur Bewachung zurück, während die Braut geholt wird.

Früher fand auch hier, wie dies sonst noch aller Orten üblich, die entgegengesetzte Reihenfolge bei dem Zuge zur Kirche statt. Nachstehende Sage gibt Kunde über die Entstehung dieses alten Brauchs.

In einem Kathen, der zu dem jetzigen Hinzpeter'schen Gehöft gehört haben soll, hat ein angehender Tagelöhner Battram (Bertram) mit seiner Verlobten Hochzeit halten wollen. Während die sämmtlichen Gäste mit den Musikanten die Braut zur Kirche führen, macht sich Battram mit dem baaren Brautschatz auf und davon. Der Zug kehrt zurück; doch der Bräutigam ist nicht zu finden. Alle Ecken und Winkel des Hauses werden durchsucht, man verschont weder Böden, noch Keller, noch Ställe; denn man glaubt, der Spaßvogel will Scherz treiben. Da kommt die Kunde, Battram sei über den alten See, eine Wiesenfläche, gelaufen, als brenne ihn ein unsichtbares Feuer. Was hilft alles Weinen und Klagen über Bräutigam und Brautschatz? Der Mensch muß sich zu trösten wissen. Die Geigen werden gestimmt, die Musikanten streichen muntere Weisen, es wird getanzt, gegessen und getrunken und so eine trockne Hochzeit gehalten. Damit man jedoch nicht in die Lage komme, noch einmal solche Hochzeit zu feiern, ward beschlossen, von jetzt ab den Bräutigam zuerst in die Kirche zu führen.


Von einem Seminaristen in Neukloster.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 84.
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