1615. Diebssegen.

[335] Da Maria in den Garten trat,

Begegneten ihr drei Jünger zart,

Der eine hieß Michael,

Der andere hieß Gabriel,

Der dritte Daniel.

Daniel fing an zu lachen.

Maria sprach: was lachst du?

Daniel sprach: ich sehe in der Ruhnacht einen Dieb daher gehen,

Der will dir dein liebe vertrautes Kindlein stehlen.

Maria sprach: das würde nicht sein gut,

Der mir das stehlen thut,

Der muß gebunden sein.

Petrus bind, Petrus bind.

Petrus sprach: ich habe gebunden,

Mit eisernen Banden,

Mit Gottes Handen,

Daß der Dieb muß stille stehen,

Stehen wie ein Stock,

Stehen wie ein Bock,

Stehen wie ein Stein,

Und zählen alle Tröpflein,

Die in dem Meere sein,[335]

Und zählen alle Sternlein,

Die am Himmel sein,

Und zählen alle Kindlein,

Die nach Christi Geburt in der Welt gebohren seyn.

Das gebiete ich dir, es sey Frau oder Mann,

Bis ich ihnen mit meinen Augen gesehen

Und mit meiner Zunge wieder loszähle.

Daß lege ich dir auf im Namen Gottes †††.


Heft des Criminal-Collegiums in Bützow. Vgl. NS. Gebräuche Nr. 378. Müllenhoff S. 517f., Nr. 34.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 335-336.
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