Herbstsonett.

[54] Es sagt mir deines Augs kristallenhelle Zier:

Was tat, seltsamer Freund, ich wohl dir zu Gefallen?

Sei anmutvoll und schweig! Mein Herz, das feind ist allen,

Nur nicht der Frau von einst, die einfach wie ein Tier,


Zeigt nun und nimmermehr sein schlimm Geheimnis dir,

Dir, deren Hand mich lädt in stumme Traumeshallen,

Noch auch die Glutschrift, wie ich tief dem Gram verfallen,

Ich hasse Leidenschaft, und Geist ist Plage mir.


Drum laß uns lieben sacht. Aus ihrem Machtgebiete

Hält ihren Bogen schon die Liebe stumm gespannt.

Ihr drohend Arsenal ist mir gar wohl bekannt.


Wahnsinn und Graun – gleich mir, o Wiesenmarguerite,

Bist eine Sonne du, die herbstlich-bleich entschwand,

O meine weiße, meine kalte Marguerite.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 54-55.
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Die Blumen des Bösen (Auswahl)
Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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