Landschaft.

[91] Mich zart und rein zu weihn der Dichtung der Eklogen,

Will ich dem Himmel nah ruhn wie die Astrologen,

Den Glocken nah, daß mir im Traum, der mich umspinnt,

Ihr Feiersang ertönt, dahingeweht vom Wind.

Wann aufgestützten Haupts ich aus der Kammer spähe,

Schau ich der Werkstatt Fleiß und Lärm in meiner Nähe,

Rauchfänge, Türme rings, wie Masten, und dann weit

Den Himmel, der uns gießt den Traum der Ewigkeit.


Wie süß ist es zu schaun, vom Nebelflor umfeuchtet,

Wann im Azur der Stern, das Licht am Fenster leuchtet,

Wie auf zum Firmament der Strom des Rauches fließt

Und wie das Mondlicht bleich Verzückung niedergießt.

Ich werde Frühlingszeit und Herbst und Sommer sehen,

Und wann der Winter kommt mit Schnee und eisgem Wehen,

So schließe Laden ich und Tür, um in der Nacht

Zu bauen herrlich der Paläste Feeenpracht.

Dann werde träumen ich von blauer Fluren Sehnen,

Von Gärten, Marmorglanz, von weinenden Fontänen,

Von Küssen, Vögeln, die uns singen früh und spät,

Von all der Kindlichkeit, die durch Idylle weht.

Der Aufruhr läßt umsonst im Sturm die Scheiben beben,

Ich werde nimmermehr vom Pult mein Haupt erheben,

[91] Weil dann die Freude ganz mein Herz umfangen hält,

Zu schaffen eigner Kraft des Frühlings junge Welt,

Die Sonne aus der Brust zu ziehn und herzulächeln

Aus der Gefühle Glühn der milden Lüfte Fächeln.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 91-92.
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Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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