Achter Auftritt

[324] Welting. Hermine, welche rasch aufgetreten.


HERMINE. Sieh da, Welting!

WELTING. Woher so eilig?

HERMINE legt Hut und Shawl weg. Vom Ministerium.

WELTING. Sie scheinen aufgeregt;

HERMINE. Antichambrirt, sollicitirt – Alles vergebens. Setzt sich.

WELTING. Gleich viel! Noch ist nichts verloren.

HERMINE steht wieder auf. Nichts – als mein Prozeß.

WELTING. Wie? Ihr Prozeß?

HERMINE. Meine Klage ward nicht angenommen.

WELTING. So, so! Für sich. Desto besser!

HERMINE. Und er ist im Recht!

WELTING. Sei's denn! Verloren ist verloren! Aber Muth, meine Gnädige! Sie haben Freunde –

HERMINE. Denen ich schon zu lange verpflichtet bin. Sie hatten bare Auslagen für mich, Herr Welting: Sie sollen mir Rechnung legen; ich will Sie bezahlen.

WELTING. Bezahlen? Ergreift ihre Hand. Wer denkt daran! Ich bin bezahlt. Küßt ihr die Hand.

HERMINE entzieht sich ihm. Bezahlt?

WELTING. Durch Ihr Vertrauen – Bei Seite. und durch Herrn Baldinger. – Darf ich sprechen, schöne Frau? Sie sind bisweilen trüber Laune – wissen Sie warum? Sie sind von Jugend auf an Bequemlichkeit gewöhnt; die fehlt hier gänzlich. Nichts stimmt den Geist mehr herab, als eine unfreundliche Wohnung, verschossene Möbel, düstere Umgebung –

HERMINE. Das mag wohl sein.

WELTING. Darum müssen Sie die Wohnung wechseln.

HERMINE. Die Wohnung?


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 324.
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