Neunter Auftritt.

[63] Spitz allein, dann Auguste.


SPITZ allein. Und wir wollen das Eisen schmieden, weil es warm ist. Klopft an die Seitenthüre im Hintergrunde.

AUGUSTE tritt heraus. Sie sind's, Herr Spitz?

SPITZ. Ja, mein Fräulein! – Nun, was sagen Sie? Unser Werk gedeiht. Der junge Mann hat sich emanzipirt.

AUGUSTE. Es sieht so aus –

SPITZ. Es ist so. Der Schmetterling ist fertig.

AUGUSTE. Darum ist er auch weggeflogen –

SPITZ. Allerdings. Zum Präsidenten – in's Bureau.

AUGUSTE. Ein Bureau-Schmetterling also! Ist das »des Pudels Kern?«[63]

SPITZ. Nicht doch, ich vermuthe, daß er seine Anstellung aufgeben will.

AUGUSTE rasch. Aufgeben?

SPITZ faßt sie in's Auge. Vielleicht um – gewissen Wünschen zu begegnen –

AUGUSTE. Wer sagt Ihnen –?

SPITZ. Mein psychologischer Blick.

AUGUSTE. Das heißt wohl gar –?

SPITZ. Daß er in Sie verliebt ist? Allerdings.

AUGUSTE. Verliebt? Und er geht mir aus dem Wege, er sieht mich nicht an –

SPITZ. Das macht, er hat seinen Kopf –

AUGUSTE. Das ist richtig!

SPITZ. Den muß man ihm zurechtsetzen –

AUGUSTE. Schaden könnt's nicht.

SPITZ. Eine Frau vermag das am allerbesten.

AUGUSTE natürlich. Sagen Sie: ganz allein.

SPITZ. Eben d'rum! – Es gibt geborne Ehemänner – Hermann gehört darunter – Männer, die es durchaus nöthig haben, unter die sanfte Herrschaft einer Frau zu gerathen – einer klugen, verständigen Frau. Der junge Mensch ist jetzt frei – allein er weiß seine Freiheit nicht zu handhaben; er wird über die Schnur hauen, dumme Streiche machen – darum nehmen Sie sich seiner an, Fräulein, leiten, lenken Sie, bändigen Sie ihn – noch ist es Zeit. Nach der Mittelthüre lauschend. Horch! – Es ist richtig! Die bösen Geister sind schon los – zum Glück besitzen Sie die Zauberformel. Noch einmal, Fräulein, bändigen Sie ihn, eh' es zu spät wird. Wenn Sie Succurs brauchen, ich bin hier in der Nähe. Links ab.


Quelle:
Der deutsche Michel, Revolutionskomödien der Achtundvierziger. Stuttgart 1971, S. 63-64.
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