559. Das Teufelswehr

[383] Auf dem Eichrück im Forstdistrikte Walsburg an der Saale ohnweit Ziegenrück hauste in der Vorzeit der[383] Teufel mit seinem Gefolge, und wer sich jener Stelle näherte, den suchte er mit List zu fangen. Einstmals kam ein Maurermeister dahin. Mit ihm ging der Böse eine Wette ein, daß er vor des Maurers Augen von Mitternacht bis zum Hahnenschrei über die reißendsten Fluten des Flusses ein Wehr erbauen wolle. Der Maurermeister ging darauf ein und stieg auf einen Baum in der Nähe, um von dort aus die Sache mit anzusehen. Zu seinem Schrecken gewahrte er, wie der Teufel große Felsblöcke aus den Bergen herausriß, sie in die Saale stürzte und mit den Füßen festtrat. Kaum fehlten noch ein Mandel Ellen an der Vollendung des Werkes, da rief der Maurer auf dem Baume in der größten Seelenangst mit lauter Stimme: Kikeriki! Kikeriki! Kikeriki! – so täuschend, daß der Teufel wähnte, ein wirklicher Hahn habe gekrähet. Wütend darüber schlug er mit seiner Hand auf einen neben ihm befindlichen Felsen, so daß noch heute der Eindruck, den der Schlag gemacht, darauf zu sehen ist, und fuhr dann auf und davon. Das Wehr steht noch unvollendet mit der von dem Teufel gelassenen Öffnung und wird das Teufelswehr genannt.

Auf einem großen in der Nähe des Wehrs befindlichen Steine sind teller- und schüsselartige Vertiefungen, aus denen vor Beginn des Wehrbaues der Teufel mit seinem Gefolge gegessen haben soll.

Quelle:
Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Meersburg und Leipzig 1930, S. 383-384.
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