Sechste Scene.

[15] FAUST herrisch zu Mephistopheles.

Nun, Sklave, schaffe Hülfe!

MEPHISTOPHELES kalt.

Sag' mir vorher, was hast du vor?

FAUST entschlossen.

Sie wird mein Weib! Kannst du noch fragen?

MEPHISTOPHELES.

Du hast gelobt in unserm Bunde,

Mit deinem Blute unterschrieben:

Der Ehe Banden zu entsagen.

FAUST fest.

Zerrissen sei der schnöde Bund!

MEPHISTOPHELES lächelnd.

Du willst es? Wohl, ich geb' dich frei!


Höhnisch.


Doch deine Macht hat aufgehört.

Schon hör' ich deine Richter nahen;

Sie werden dich als Zauberer[15]

Zum Feuertod verdammen;


Kalt.


Und Röschen stirbt mit dir.


Geht zur Mittelthür.


FAUST mit verzweifeltem Entschluß.

Bleib! Kannst du Röschen ungesehn

In ihre Wohnung schaffen?

MEPHISTOPHELES.

Ja!

FAUST.

So eile!

MEPHISTOPHELES.

Doch zuvor beschwör' aufs Neue

Den Pakt, den früher wir geschlossen.

FAUST.

Ich schwör' es bei der Hölle ew'gen Qualen.

MEPHISTOPHELES unterwürfig.

Der Herr gebeut, der Knecht vollzieht.

Ich rette Röschen, du hast die Macht,

Dir selbst zu helfen!


Rechts ab.


FAUST mit innerer Seelenangst.

Du Einzige, nach der ich rein begehrt,

Dich soll ich lassen? – Fort!

Die Hölle trennt auf ewig uns!


Wagner weckend.


Wach auf, du Schläfer!

Und weck' die Andern schnell: Wir müssen fort!


Wagner eilig ins Nebenzimmer links.


Ensemble.


Nur der ist frei, der nichts zu lieben hat;

Ich hab' entsagt, nun rasch zur That!


Quelle:
Louis Spohr: Faust. Leipzig [o. J.], S. 15-16.
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