Elfte Scene.

[61] Faust. Mephistopheles.


FAUST vernichtet zurückprallend.

Verlassen! Allein!

Weh mir! Fürchterlich

Rächt die Hölle sich!

Muß ich, muß ich ihr Opfer sein?


Steht wie vernichtet, Mephistopheles weidet sich an seiner Angst; Faust sich aufraffend.


Auf! ich will rechten

Mit ihren Mächten,

Noch bin ich mein!

MEPHISTOPHELES höhnend.

Du, im stolzen Wahn,

Hast, ein Gott zu sein im Leben,

Dich der Hölle Macht ergeben;

Ihr gehörst du an!

FAUST.

Gutes wirkt' ich, reiche Saaten – –

MEPHISTOPHELES.

Morde, Gräu'l und Frevelthaten,

Durch das Schwert, durch Flamm' und Fluth,

Hat verübt dein Uebermuth!

Frech der Menschheit Recht verhöhnt,

Aller Sinne Reiz gefröhnt!

FAUST in Verzweiflung vorstürzend.

Sinnenleib, der mich belog,

Mich verführte, mich betrog,

Werd' vom eignen Geist gerichtet,

Durch dich selber sei vernichtet!


Hebt den Dolch, um sich zu durchbohren.


MEPHISTOPHELES faßt ihn, der Dolch entfällt seiner Hand.

Ha! nun ganz mein eigen.


Hält ihn fest.


FAUST sich vergebens sträubend.

Weh! Verflucht! ich! – du! – die Hölle![61]

MEPHISTOPHELES den Mantel von sich werfend, als Teufel.

Geister auf! zur Stelle!

Schafft uns Bahn!

Im lustigen Reigen

Wirbelt voran!

Hölle, frohlocke!

Wir nahen, wir nah'n!

Man hört den Sturm heulen und ein gewaltiger Donnerschlag zerspaltet die hintere Wand. Hinter derselben öffnet sich ein Feuermeer, durch welches Mephistopheles mit Faust zur Hölle fährt. Furien in

Menge umgeben Beide.


CHOR DER GEISTER.

Die Zeit ist verronnen, dein Maß ist voll!

Der Hölle bezahlst du den Sündenzoll!

Im sausenden Reigen, wirbelnd voran,

Schaffen wir Bahn.

Hölle, frohlocke! Wir nahen, wir nah'n![62]

Quelle:
Louis Spohr: Faust. Leipzig [o. J.], S. 61-63.
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Die 1897 entstandene Komödie ließ Arthur Schnitzler 1900 in einer auf 200 Exemplare begrenzten Privatauflage drucken, das öffentliche Erscheinen hielt er für vorläufig ausgeschlossen. Und in der Tat verursachte die Uraufführung, die 1920 auf Drängen von Max Reinhardt im Berliner Kleinen Schauspielhaus stattfand, den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts. Es kam zu öffentlichen Krawallen und zum Prozess gegen die Schauspieler. Schnitzler untersagte weitere Aufführungen und erst nach dem Tode seines Sohnes und Erben Heinrich kam das Stück 1982 wieder auf die Bühne. Der Reigen besteht aus zehn aneinander gereihten Dialogen zwischen einer Frau und einem Mann, die jeweils mit ihrer sexuellen Vereinigung schließen. Für den nächsten Dialog wird ein Partner ausgetauscht indem die verbleibende Figur der neuen die Hand reicht. So entsteht ein Reigen durch die gesamte Gesellschaft, der sich schließt als die letzte Figur mit der ersten in Kontakt tritt.

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