Siebente Scene

[31] Beata. Rösel. Sonnenberg. Bandini.


SONNENBERG der Abgehenden nachsehend. Das ist fürwahr ein holdes Frauenbild! Sprecht, Meister Antonio, Ihr scheint mir hier gar wohl bekannt, wer ist die Dame?

BANDINI. Werther Junker, Ihr habt mir heute einen großen Dienst erwiesen; doch Euch selbst einen größern. Die schöne Amalgundis ist's, des Kaisers Nichte, und einen großen Schritt in kaiserlicher Gnade habt Ihr gethan, da Ihr derselben einen Dienst erwiesen. Ihr werdet hoch noch steigen in des Glückes Gunst, doch hört das Wort des alten Italieners, der Hof und Welt nur all zu gut kennt. Der Günther von Nollingen ist eine Schlange, die Eurem Paradiese droht, vor dem hütet Euch, der duldet Keinen in der höchsten Nähe, und kommt Ihr an den Hof, so seyd blind mit sehenden[31] Augen, taub mit lauschendem Ohr, und stumm mit geschmeidiger Zunge. Diese Lehre sey mein Dank. Und nun gehabt Euch wohl, mein feiner Junker! Ab.

SONNENBERG schüttelt den Kopf, und sieht ihm sinnend nach. Seltsam! die Lehre stimmt genau mit dem, was mir mein Vater sagte.

RÖSEL die seitwärts stand, und ihn aufmerksam betrachtete. Soll ich Euch sagen, Junker, was Ihr jetzt denkt?

SONNENBERG aus seinem Nachsinnen auffahrend. Ei, Pfeffer-Rösel, bist Du noch hier?

RÖSEL empfindlich. Zürnt nicht, Herr Junker, gleich werde ich fort seyn; ja, was Ihr denkt, wollte ich Euch sagen.

SONNENBERG lächelnd. Laß einmal hören, kluges Rösel!

RÖSEL. Ihr sagtet eben bei Euch selbst: das ist doch Jammerschade, daß die schöne Amalgundis gerade des Kaisers Nichte seyn muß! –[32]

SONNENBERG sieht sie verwundert an. Du närrischer Schwarzkopf, wie weißt Du das?

RÖSEL erschrocken. Hab' ich's errathen? Mit einem tiefen Seufzer. Ja, ja, die Schönen sind doch recht glücklich; wär' ich hübsch, nennten sie mich schon lange Pfeffer-Röschen, statt der plumpen Rösel. Nun, wie der Himmel will, der Mensch kann nicht Alles haben. Schnell wieder lustig. Bin ich doch stets frohen Sinnes und rüstigen Muth's, das ist auch Etwas, nicht wahr, Junker? Nun seht, Ihr mögt alle hübsche Mädchen leiden, und das gefällt mir nicht sonderlich; aber ich muß Euch deßhalb doch sagen, daß Ihr ein tüchtiger Kumpan seid, und Euch gar wacker gegen die Raufbolde gehalten habt, und das – seht, das gefällt mir; und dann wollte ich Euch noch ferner sagen – daß Ihr der schönen Amalgundis nicht gar zu nah – doch nein, das war es nicht, was ich Euch sagen wollte – ich wollte – ja, danken wollte ich Euch noch einmal, guter Herr Junker, recht aus voller Seele, und – und – Sie bricht in Thränen aus, und drückt schnell seine Hand an die Lippen. Ach, lieber Himmel! ich bin heute ganz verdreht, das macht die Freude, und – gehabt Euch wohl, Junker. Läuft schnell ab.

SONNENBERG sieht ihr verwundert nach. Ein seltsam lieblich Kind, das Pfeffer-Röschen!


[33] Im Hintergrunde geht ein Zug Trabanten über die Scene, Alles ruft, und eilt aus Rechts nach Links.


Der Kaiser! der Kaiser! vivat Adolphus!

SONNENBERG. Der Kaiser ist schon da? Was träume ich hier? Schnell fort, zu meiner Pflicht! Ab.


Musik und Lärm dauert fort, man sieht Stadtsoldaten über die Bühne ziehen. Der Vorhang fällt.


Ende des ersten Aufzuges.
[34]

Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Pfeffer-Rösel oder Die Frankfurter Messe im Jahr 1297. Wien 1833, S. 31-35.
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