Erste Scene

[3] Ein großes, einfaches, alterthümliches Zimmer, mit einer Mittel- und zwei Seitenthüren. Rechts ein hoher gothischer Schrein, links ein Tisch und Stuhl. Dünne, der Goldarbeiter. Lorenz Beildeck, Beide aus der Mittelthür.


LORENZ. Habt nur ein Viertelstündchen Geduld, ehrenfester Meister. Ich muß erst lauschen, ob es auch der rechte Augenblick sei, denn der Herr ist eingeschlossen in seinem Laboratorium, und da ist mir strengstens untersagt, ihn zu stören.

DÜNNE. Ei, Freund Lorenz, Ihr habt gut plappern; denkt Ihr, mein Tagewerk sei Müßiggang? – Ich habe wohl mehr zu thun, als hier zu stehen, und einem saumseligen Zahler zu hoffiren. – Ich will mein Geld! –

LORENZ gutmüthig. Lieber Meister, was macht Euch denn so ungestüm? –

DÜNNE. Der sehr ehrsame Herr Klosterpfleger Sebaldus sagte mir vorhin, daß es schlimm um den Guttenberg stände, und daß ich zu meinem Gelde sehen soll, wenn ich's nicht verlieren wollte. Auch murmelt man in der guten Stadt Straßburg so Allerlei von dem Herrn Johannes, daß ich als ein ehrbarer Bürger nichts mehr mit ihm zu schaffen haben mag.

LORENZ. O Dummheit unter den Menschen! Was murmelt denn das Volk?

DÜNNE. Daß Euer Herr ein Schwarzkünstler ist – wenn Ihr's denn doch wissen wollt!

LORENZ lacht laut auf. Ein Schwarzkünstler, ja, das gebe ich zu, dafür halte ich ihn selbst! –[3]

DÜNNE in frommem Entsetzen. Gott steh' uns bei, er lacht noch! Ich weiß es am besten, wie es um Deinen Herrn steht! Habe ich ihm nicht seit Jahren die seltsamsten Charaktere in Blei und Kupfer schneiden müssen, habe ich ihm nicht Schrauben und Metallplatten gefertigt, wie man sie nur in Folterkammern findet? Damit zwingt er den Teufel, daß er ihm diene! Woher hätte er denn die Gelehrsamkeit? – Hat er doch wie jeder rechtschaffene Junker in seiner Jugend nichts gelernt, als reiten, jagen und fechten.

LORENZ der immer ungeduldiger wird. O Unsinn! – Da möchte man doch mit Fäusten drein schlagen! – Wenn Einem Gott einen hellen Kopf, einen beharrlichen, tief denkenden Geist gab, so reißt Ihr Dümmlinge Maul und Nase auf, und weil Euch da die liebe Gottessonne hineinscheint, ohne die Kürbisseele zu erleuchten, so ist Euch der Mann ein Teufelskerl und Hexenmeister! – Nein, da möchte man doch – O Herr Gott, ich muß nur meinen Herrn rufen, sonst vergesse ich aus Zorn und Aerger meinen Eid, und versündige mich gegen den besten Mann im deutschen Reich. – Er geht zur Seitenthüre rechts und klopft. Gnädiger Herr!


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Johannes Guttenberg. Berlin 21840, S. 3-4.
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