Neunte Scene

[17] Julius allein. Gleich darauf Fritze.


JULIUS. O Engel! Liebenswürdiges, unverdorbenes Wesen! und ich belüge sie so abscheulich; aber Gott weiß es, ich konnte ja nicht anders, wenn ich in's Haus kommen wollte, und ich habe sie so lieb, und bin ja doch ehrlich gegen sie. Ja, ehrlich bin ich, denn solch eine Frau will ich oder gar keine! – Aber wer ist der Schuft, der sich erfrecht, unter meinem Namen hier Liebschaften anzuzetteln? Unbegreiflich! Ich muß es heraus bringen, denn dem breche ich das Genick, wenn er in meine Hand fällt! –[17] Schnell den Augenblick benutzt! Oeffnet das Fensterchen in die Portier-Loge. Nun, Fritze, wie geht's?

FRITZE steckt den Kopf herein. Ih Gott, schlecht, Herr Krabbe! Muß hier sitzen in die Loge, und draußen machen sie Krawall, und ich bin nicht dabei!

JULIUS lachend. Das ist freilich sehr hart! Wie wär's, wenn ich Dir fünf Groschen auf Die Wunde legte?

FRITZE verklärt. Fünf Groschen? Ih, des wäre sehr schön, des gäbe vier Plakate und enen Pfannkuchen, hurrrjeh!

JULIUS zieht die Börse. Da kaufte ich mir doch lieber vier Pfannkuchen und ein Plakat.

FRITZE. Ne, erst die politische Wissenschaft ausgebildet und denn der Magen, des ist mein Prinzip!

JULIUS. Sehr lobenswerth! Du bereitest Dich bei Zeiten auf die Folgen Deiner politischen Wissenschaft, den Hunger vor. Er giebt ihm das Geld. Da, aber nun mußt Du mir auch einen Gefallen thun.

FRITZE. Hurrrjeh! tausend; soll ich Ihnen Fensterscheiben einschmeißen, oder eine Katzenmusik arrangiren? Ich und meine Kollegen von Kranzlers Ecke machen uns eine Ehre draus.

JULIUS lachend. Danke schön! Du sollst mir nur sagen, wie der Herr Baron Gleisenburg aussieht, dem Du ja so oft aufmachst, kennst ihn doch?

FRITZE sehr ernsthaft. Na! Ob! Er hat mir schonst mit verschiedentlichen Iroschens regalirt, ist ein sehr nobler Herr. Aber wie er aussieht – des weeß ich nich.

JULIUS. Wie?

FRITZE. Ne, ich seh ihn stets nur bei Abend und da hab' ich mein Augenmerk bloß uf seine Hand, wenn er mir enen Iroschen[18] heraussucht. Es klingelt sehr leise. Halt da, so sachte klingelt nur er, das ist er! Er will vom Fenster.

JULIUS faßt seinen Arm. Fritze, sage ihm, er soll hier herein kommen, Tante habe einen Auftrag von der gnädigen Frau für ihn.

FRITZE verblüfft. Aber – des ist ja gelogen!

JULIUS. Du sollst noch fünf Groschen haben, wenn Du ihn herein bringst.

FRITZE. Noch fünf Iroschen? Na, da wirds wohl keene Sünde sind! Ab vom Fenster.


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Vatersorgen. Berlin 1849, S. 17-19.
Lizenz:
Kategorien: