Fünfte Scene

[33] Adolph. Charles Seitenthür links.


CHARLES sieht vorsichtig herein, halblaut. Pst! Graf Adolph! Wie stehen unsere Actien?

ADOLPH halblaut, wie die ganze Scene gesprochen werden muß. Noch ganz außer Cours. Kommen Sie nur näher. Denise ist bei ihr; ich fürchte es gelingt mir nicht sie zu sprechen.

CHARLES ungeduldig. Dann dringen Sie mit Gewalt in das Boudoir; Ihre verzweifelte Lage entschuldigt Alles!

ADOLPH stolz. Ich werde mich niemals zur Gewalt erniedrigen.[33]

CHARLES. Wie es Ihnen beliebt! Ich weiß nur daß für uns Beide das Spiel verloren ist, wenn Sie nicht festhalten an unserem Plan, zu dessen Ausführung nun Alles vorbereitet ist.

ADOLPH rasch. Wirklich, Alles? Auch der polnische Geistliche der Sie getraut?

CHARLES. Gott weiß, woher er plötzlich so ängstlich geworden. Er blieb unbeweglich.

ADOLPH. O – das ist schlimm!

CHARLES. Pah! Wozu überhaupt diese Trauung? Zieht einen Brief hervor. Diese Zeilen an meinen Onkel, den Unter-Präfekten von Straßburg, sichern Ihnen seine Hülfe. Sie gehen dort mit Rose vor den Maire, und in zehn Minuten ist die Ehe geschlossen.

ADOLPH finster. Nicht für uns Deutsche, mein Lieber!

CHARLES. Um so besser, dann können Sie sich die Sache später ja noch überlegen. –

ADOLPH empört. Das ist Ihr Ernst nicht, Charles, denn Sie sind kein Schurke.

CHARLES ungeduldig. Nein, gewiß nicht – aber ich bin desperat über Ihre nüchterne Gewissenhaftigkeit! Horch! Sie werden laut im Cabinet. Ich gehe, im Corridor Wache zu halten, denn ich habe alle Diener entfernt! Leiser. Vergessen Sie nicht, daß Rose mein Geheimniß nicht ahnen darf. – Nun, Glück zu! – Ab durch die Mitte.

ADOLPH allein. In welche Hände – auf welch' eine Bahn hat die Leidenschaft mich geführt! Und dennoch muß ich vorwärts, denn ich kann sie nicht verlieren. Nein, ich kann es nicht! –


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Gesammelte dramatische Werke, Band 10, Leipzig 1863, S. 33-34.
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