Sechste Scene

[45] Vorige. Bastian von links.


BASTIAN. Dorle!

DORE. Bastian?

BASTIAN sichtlich gedrückt. Ich wollt' Dir nur sagen – Du sollst jetzt mit der Rosel hinaufgehen, und droben bleiben bis ich Dich selber ruf. –

DORE verwundert. Ja – was giebt's denn?

BASTIAN. Na, es – es sitzt Einer drin, Deutet nach links. dem Du nicht begegnen sollst.

DORE zuckt zusammen und starrt ihn fragend an. Doch nicht – der Steffen?

BASTIAN mit unterdrückter Wuth. Ja, der Steffen! Ich hab' geglaubt, ich seh' einen Geist, so blaß und verstört sieht der Bursch' drein; und weißt mit wem er kommen ist? – Mit den drei Söhnen vom reichen Köhlerbauer aus Gütenbach. –

DORE mit gesenktem Haupt, in sich hinein. Das »liederliche Kleeblatt,« heiß man die auf dem Wald.

BASTIAN. Ja! Die sind jetzt seine Compagnie! – Er will Bauholz vom Vater kaufen.

DORE leise. Bauholz? Zu was denn?

BASTIAN. Der Peter Köhler sagt: er wollt noch einen Stock auf seinen Hof setzen, er brauch' jetzt mehr Platz – könnt' kommen, daß er nächstens – zu Zwei wär'! –

DORE drückt die Hand fest auf's Herz. Ja ja! Wird wohl endlich so geschehen. Ein Bauer braucht eine Frau; er war lang genug ledig.

BASTIAN sie scharf ansehend. Mein's auch – hab' nur denkt, daß es besser wär' wenn Du ihm nicht in die Händ' liefst, Mit zitternder Stimme. denn – unglücklich ist der Steffen, wenn's auch seine eig'ne Schuld ist, und das könnt' Dir leid thun, Mit einem Blick auf Rose. denn sein Unglück – hat Niemand zum Glück geholfen. Der Jungfer Rose wollt' ich nur sagen, daß ich gestern in Baden drüben war –

ROSE die Dore mit Spannung beobachtete. Nun Bastian?

BASTIAN leiser. Hab's dem Sonnwirth noch nicht gesagt, wird sich früh g'nug drüber ärgern, daß ich den Herrn Leblanc gesehen hab' mit seinem Töchterchen.

ROSE springt auf. Denise! Leblanc! Wie? Sie in Baden?

DORE erschrocken. O Rose! Sie werden Dich wieder haben wollen, werden hierherkommen! –

ROSE trübe lächelnd. Das glaube ich kaum.

BASTIAN schüttelt den Kopf. Glaub's auch nicht, daß es den Herrn Pathen verlangt, dem Sonnwirth unter die Augen zu treten. Hat mir auch nichts gesagt, als daß er die Kur brauchen müßt, weil er krank sei. So sieht er auch aus.

ROSE. Krank? – O dann fahre ich zu ihm hinüber. Ich will ihn pflegen, ihn mir versöhnen![45]

BASTIAN finster. Hm! Möcht's der Jungfer Rose doch nicht rathen, jetzt nach Baden zu gehen. Hab' da auf der Lichtenthaler Allee gar einen prächtigen Reiter gesehen; hat zwar einen Trauerflor auf dem Hut getragen, aber im Gesicht hat er um so lustiger ausgeschaut – nicht so blaß und finster wie dazumal –

ROSE zitternd. Bastian!

BASTIAN ohne sich stören zu lassen. Wo er die Jungfer Rose nicht hat von Paris fortlassen wollen! Ist gar ein flotter Bursch mit dem gewichsten Schnurrbart, und dem galonirten Knirps hinterdrein.

ROSE zuckt zusammen. Er! Er? –

BASTIAN mit mitleidigem Blick, nickt betrübt. Ja, ja, Rosel – der! Bleib' Du jetzt daheim, das ist für Dich gewiß das Beste. Ab, wo er kam.

ROSE. Er – in meiner Nähe! das war's – ich hab's geahnt!

DORE legt den Arm um sie. Sei stark Rose!

ROSE gefaßt. Ich bin nur überrascht, nicht schwach, Dorothee. Was fürchtest Du? Ich habe ja entsagt, und werde ihn nie wiedersehen.


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Gesammelte dramatische Werke, Band 10, Leipzig 1863, S. 45-46.
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