48. Das Kistenmännlein oder Kellermännlein.

[37] Schriftlich durch Herrn Posthalter Baader in Tuttlingen.


Hinter Tuttlingen erhebt sich der »Honberg« mit seinen alten Burgtrümmern. In den Ruinen drinnen sitze das Kisten- oder Kellermännlein auf einer große Schätze enthaltenden Kiste, die es von Zeit zu Zeit Begünstigten spende. So habe es einmal einem Kinde, zu dessen Wiege[37] ein verzauberter Baum im nahen Walde, dessen Standort zufällig gefunden wurde, gehauen werden mußte, den ganzen Schatz zu Theil werden lassen. Ein andermal erschien es Schnitterinnen, die in der heißen Sonne über die harte Arbeit seufzten, als rettender Geist, indem es sich erbot, ihnen den großen Acker über Nacht abzuschneiden. Die sich hierauf entfernenden Schnitterinnen sahen dann in der Ferne, wie das Männlein mit einer Schaar kleiner Kobolde den Acker abschnitt und seine Gehülfen mit den vernehmbaren Worten aufmunterte: »Nur fein säuberle!« Der Acker heißt jezt noch der »Feinsäuberle-Acker«. Ein andermal erschien Kellermännlein auch als neckender Geist, indem es Wanderer so lange führte, bis sie verirrten, worauf es sie dann lachend verließ. Wieder einmal erschien es in einer Waldschlucht, im Daxenloch auf dem Gute Maienthal, in Gestalt eines schwarzen heulenden Hundes, um den Leuten im Felde Angst einzujagen, oder auch verändert es in derselben Gegend seine Neckereien und ergözt die Umgebung durch Töne der lieblichsten Musik. Immer hütet Kistenmännlein bis auf diese Stunde einen großen Schatz auf dem Honberg23.

23

Hingewiesen ist auch auf unsere Sage im Tuttlinger Grenzboten 1831. S. 10 b. Ueber Zwerge vgl. Grimm, Myth. I. 2. 408-440. Wolfs Götterlehre S. 50 ff. Wolf, Beiträge II. 309-331. Grimm, deutsch. Sagen Nr. 11. 65. 75. 270. W.M. Ztschr. IV. S. 201 ff. Menzel, deutsch. Dichtung I. 96 ff. Vgl. Th. Vernaleken, Mythen und Bräuche, S. 206 ff. u. 161. 159. Ueber die Zwerge existirt eine kleine Schrift: »Brevis dissertatio de Querxis et significatione eorum nominis in Caroli Theophili Antons orationes Sylverstaimanas die 18 Maji 1834.« Corlicii ex officina Heinziana, kl. Quart, 12 Seiten. Wolfs hess. Sagen Nr. 75.

Erdmännlein die Frucht schneiden, siehe B. Baader, Sagen, 2. Samml. S. 10 u. 11. Nr. 16. »Kellermánnlein« heißt auch ein Zwerg bei Grimm, Sagen I. Nr. 40. 147. 149. 68. 69. 71. 73.

Kuhn und Schwarz, nordd. Sagen Nr. 189, 2. Meier, schwäb. Sagen Nr. 64. 1. 2. 5. 6. 66. 73. 74. Harrys I. Nr. 5. Wolf, niederl. Sagen Nr. 206. 209. 211. Deutsch. Sagen Nr. 66. Stöber, els. Sagen Nr. 2. 74. Schambach und Müller, niedersächs. Sagen S. 114-140. In Tirol heißen die Zwerge »Nörglein«, Zingerle S. 48 ff. Der »Homberg« heißt im Volksmund »Heõmpl«; die alten Besitzer der Burg »Hõne«.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 37-38.
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