584. Märchen von Jesus und dem Pharisäer.

[359] Mündlich.


Mal gingen Jesus und Petrus über Feld und kamen in eine Stadt. Da saß ein Pharisäer auf seinem Hausbank. Dachte der, den Gescheidten da will ich geh doch fragen. He, he, ihr Herren, rief er, was meint ihr, was unter diesem Zuber sei? Es hatte der Pharisäer an selbigem Tage eine Sau geschlachtet und war der Zuber zum Austrocknen umgestürzt worden. Es hatten sich aber des Pharisäers Kinder spielend darunter gesezt. Entgegnete der Herr: deine Kinder sind drunten. Lachte der Pharisäer und rief: weit gefehlt, meine Sauen sind darunten. Sprach der Herr: nun, so sollen's auch Sauen sein, und plötzlich rannten des Pharisäers Kinder grunzend unter dem Zuber als Säulein hervor. Von dorther schreibt sich's, daß die Juden kein Saufleisch essen dürfen, und daß die Sauen Eingeweide haben, gleich denen der Menschen; ist auch von selbiger Stunde an den Sauen im Rückgrate ein Bein gewachsen, welches aussieht wie ein Zuber, in dem eine Jungfer sizt, »die Saujungfer«, nach der man bei Tische so gierig langt.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 359-360.
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