7. St. Nikolaustag in Konstanz.

[3] Es zogen am Nikolaustage Mägde, alte Weiber und Mannspersonen, als sog. Nikolause verkleidet, Nachts auf den Gassen umher, rasselten und polterten schrecklich mit Ketten und Schellen und hatten Körbe mit verschiedenem[3] Obste und gute Birkenruten bei sich. Manche Leute ließen dergleichen Niklause in ihr Haus kommen, um das eine Kind, welches etwas mehr betete oder lernte, besser beschenken, und das andere entweder nur mit Züchtigung bedrohen oder dieselbe sogleich vornehmen zu können. Dadurch glaubten sie für das ganze Jahr ihren elterlichen Pflichten genugsam nachgekommen zu sein.

Man erzählte den Kindern, daß sich der Teufel öfters als St. Niklaus verkleide und die Kinder entweder gefressen oder in seinem Korbe mit sich genommen habe. Sei auch bemerkt worden, daß er unter seiner Verkleidung Bockshörner und Gaißfüße gehabt habe; so machte man gegen ihn sodann das Zeichen des Kreuzes oder besprizte denselben mit Weihwasser, und alsbald nahm er Reißaus.

Durch derartige Erzählungen wurden die Kinder so in Angst und Schrecken versezt, daß sie sich Nachts nicht mehr aus der Stube zu gehen getrauten und sich darin oft sehr unfläthig aufführten. In den 1780er Jahren war während der Anwesenheit des österreichischen Militärs in Konstanz alles St. Nikolauslaufen auf der Gasse verboten.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 3-4.
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