263. Vom Scharfrichter in Eßlingen.

[237] Das Foltern, wie körperliche Strafen und Hinrichtungen vollzog gewöhnlich der Nachrichter. Dieser mußte bei Uebernahme seines Amtes schwören, ohne Erlaubniß des Bürgermeisters nicht außer der Stadt zu übernachten, und wenn er einen oder zwei Tage ausbleibe, dafür zu sorgen, daß der Wasen wol versehen werde, Niemand zu behausen oder zu beherbergen, weder Boten noch Landstreicher, sondern allein seine Verwandten und Handwerksgenossen. Für jede Strafvollziehung bekam er drei Schillinge, und wenn ihm ein armer Mann zugestellt wurde, um ihn zu richten, was dieser an Kleidern und Geld bei sich hatte. Wurde ihm ein Selbstmörder zum Begraben übergeben, so sollten sich die Verwandten über den Lohn mit ihm nach Ermessen des Rates »leidentlich vergleichen«. Wenn einem Bürger ein fettes Schwein starb und dieser von ihm begehrte, daß er das Schmalz aussiede, so erhielt er für Holz und Mühe einen Gulden, für das Abziehen eines Pferdes oder einer Kuh fünf Schillinge. Das Geschirr, welches er zu seinem Gewerbe brauchte, durfte er an keinem Brunnen waschen und mußte todte Leichname von Hunden und andern Thieren aus den Straßen wegschaffen, so oft er dazu aufgefordert[238] wurde. Mit seinen Nachbarn sollten weder er noch die Seinigen zanken, auch durfte er ohne Wissen der Stadtknechte nicht zum Bürgermeister gehen117.

117

Dr. Karl Pfaff's Eßlingen S. 119. Vgl. die Scharfrichterrechte in Konstanz, Marmor S. 118.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 237-239.
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