306. Taufsitte in Fleischwangen.

[315] Nach der Taufe werden Pfarrer und Lehrer eingeladen, mit in's Wirtshaus zu gehen; der Pfarrer geht nicht, aber der Lehrer. Mit sammt dem Kinde geht's dann in's Wirtshaus, wenn's auf einem Hof ist, über Feld, kurz auch sonst gern über Feld, wobei man sich viele Anekdoten erzählt, besonders, wie man den Täufling im Schnee verloren. Bis Abends wird im Wirtshaus auf Kosten der Eheleute gefestet. Dabei ist die Hebamme notwendig. Abends gegen 7 oder 8 Uhr geht's zurück in's Haus selbst, dann wird erst recht gegessen und getrunken bis in die Nacht hinein. Acht bis vierzehn Tage nachher kommen, gleichviel ob ledig oder verheiratet, die nächsten Verwandten und Taufpaten abwechselnd jeden Sonn- oder Feiertag, eine Andere mit einem Korb voll Brod. Das Brod sind lauter Wegg, 25-30, aus einem Viertel Mehl, Milch, Butter, Zibeben etc. gebacken und sehr schmackhaft. Arme und reiche Wöchnerinnen bekommen es; man würde sich's darum nicht ansehen lassen, wenn man's bei Armen nicht thäte. So hat die Wöchnerin drei bis 4 Wochen vollauf zu essen.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 315-316.
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