387. Vorsäen.

[429] Wenn eine Mannsperson beim Flachsbrechen vorübergeht, so wird vorgesäet; gerne tun es ledige Mädchen den ledigen Buben, um ihnen Gefallen oder Ehren zu erweisen. Ist es Jemand von dem höhern Range, sagen die »Brecherinnen«:


I säh Ihna vor in Ehra

Und hoff', Sie werda mir was verehra,

Sei's wenig oder mehr,

Ich thu' es dem Herrn N.N. zu Ehra,

oder meinem Schäzle etc.


Federsee, Kappel.

Dasselbe ist auch in Fleischwangen. Bei Kißlegg, wenn ein bekannter Bursche oder irgend eine bekannte Mannsperson des Weges herkommt, so halten ihn die Brecherinnen auf, schütteln Flachs oder Hanf vor und grüßen ihn:


Den Herren hab' ich g'fangen

Mit Hanf und Anglen,

Gefangen aber muß er sein,

Bis er uns zahlt Bier und Branntwein!


worauf der Betreffende spenden muß.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 429-430.
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