Zwölfte Szene

[79] Vorige – Leopold – Josepha – dann Ottilie – Siedler.


LEOPOLD aus dem Speisesaal. Aber grad jetzt wollen's fort, wo Sie bei uns nix mehr geniert?

JOSEPHA aus dem Speisesaal. Wo Sie sich mit dem Doktor Siedler versöhnt haben!

LEOPOLD. Sie, das ist ein reizender Mensch!

GIESECKE. Kommen Sie mir auch damit! Jetzt habe ich aber genug!

OTTILIE mit Siedler von rechts. Lieber Papa, jetzt bin ich mit mir ins Reine gekommen! Ich heirate den Dokter Siedler. Siedler die Hand reichend. Das ist ...

GIESECKE einfallend. Ein reizender Mensch! Ich weiß es!

SIEDLER. Sehen Sie's endlich ein? Das freut mich!

GIESECKE. Und Sie denken, daß ich dazu meine Einwilligung gebe?

SIEDLER. Ich hoffe es.

GIESECKE. Wo Sie mich hier so hinters Licht geführt haben!

SIEDLER. Doch nur aus Liebe zu Ihrer Tochter! Das müssen Sie mir verzeihen!

GIESECKE. Und die drei Jahre, die Sie mich geärgert und gezwiebelt haben?

SIEDLER. Eben deshalb! Denken Sie doch, wie Sie sich als Schwiegervater revanchieren können!

GIESECKE mit Überwindung. Hol' der Teufel alle Rechtsänwalte! Sie behalten doch immer das letzte Wort! Zu Sülzheimer. Aber das sage ich Ihnen, der Prozeß wegen der Jlühstrümpfe, der geht jetzt weiter!

SÜLZHEIMER. Was, Sie wollten?

GIESECKE. Jetzt, wo ich einen tüchtigen Rechtsanwalt in der Familie habe, gehe ich in die zweite Instanz.

SIEDLER. Tut mir leid, Schwiegerpapa – aber das können Sie nicht mehr, die Berufungsfrist ist gestern abgelaufen.

GIESECKE. Det Jeschäft is richtig.


Vorhang fällt.
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Quelle:
Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg: Im weißen Rössl. Berlin 16[o.J.], S. 79-81.
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