Die 25. Histori sagt, wie Ulenspiegel das Hertzogthum zu Lüneburg verbotten waz und wie er sein Pferd uffschneid und darin stund.

[72] In dem Land Lünenburg, zu Zell, da thet Ulenspiegel ein abentürliche Büberei. Also da ihm der Hertzog von Lünenburg daz Land verbot, und wa er darin funden würd, so solt man ihn fahen und dann hencke. Also meidet Ulenspiegel daz Land darumb nit, wann ihn der Weg dar trug, so reit oder gieng er nüt destminder durch daz Land.

Es begab sich uff ein Zeit, daz er wolt reiten durch daz[73] Lünenburg. Da bekam ihm der Hertzog. Und da er sach, daz es der Hertzog was, da gedacht er: »Ist es nun der Hertzog und würst du flüchtig, so überlangen sie dich mit ihren Gülen und stechen dich under das Pferd. So kumpt dann der Hertzog mit Zorn und henckt mich an ein Baum.« Und also bedacht er sich eins kurtzen Rats unnd steig ab von seinem Pferd und schnit ihm bald den Bauch uff unnd schuttelte ihm das Eingeweid heruß und stund in dem Rüpt. Da nun der Hertzog mit seinen Rütern reiten kam an die Stat, da Ulenspiegel in seines Pferdes Bauch stund, da sprachen die Diener: »Sehent, Herr, hie stot Ulenspiegel in eins Pferdes Hut.« Da reit der Fürst zu ihm und sprach: »Bist du da? Was thust du in dem Aß hie? Weist du nit, daz ich dir verbotten hon mein Land, und wann ich dich darin fünd, so wöl ich dich an ein Baum hencken lon?« Da sprach er: »O gnädigster Herr und Fürst. Ich hoff, Ihr wellent mir des Leibes begnaden. Ich hab doch nit so ubel gethon, daz doch Henckens wert ist.« Der Hertzog sprach zu ihm: »Kum her zu mir und sag mir doch dein Unschuld. Und was meinst du doch darmit, das du also in der Pferdßhut stast.« Ulenspiegel der kam herfür und antwurt: »Gnädiger und hochgeborner Fürst! Ich besorg mich Euwer Ungnad und förcht mich gantz ubel. So hon ich all mein Lebtag gehört, das ein jetlicher sol Frid haben in seinen vier Pfälen.« Da ward der Hertzog lachen und sprach: »Wilt du nun auch mer uß meinem Land bleiben?« Ulenspiegel sprach: »Gnädiger Her, wie Euwer fürstlich Gnad wil.« Der Hertzog reit von ihm und sprach: »Bleib als du bist.«

Und Ulenspiegel sprang eilens uß dem Pferd und sprach zu seinem todten Pferd: »Danck hab, mein liebes Pferd, du hast mir darvongeholffen und mir mein Leben behalten. Und hast mir darzu wider ein genädigen Herren gemacht. Lig nur hie. Es ist besser, das dich die Rapen fressen, dann das sie mich hätten gessen«, unnd lieff also zu Fuß darvon.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 72-74.
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