Eilfter Auftritt


[258] Ponce, Aquilar, außer Atem.


AQUILAR. Das ganze Schloß ist leer, wie ein ausgeblasenes Ei!

PONCE. Auch hier niemand?

AQUILAR. So ist es dann nicht übertrieben, wenn wir sagen, das ganze Schloß ist leer, seitdem die Mädchen weg sind. Es ist verdammt, daß wir sie nicht einholten!

PONCE. Laß es uns als ein Glück ansehen, so brauchen wir uns nicht zu schämen.

AQUILAR. Der Teufel schäme sich und seh es für sein Glück an, Mensch, wie sprichst du?

PONCE immer gelassen. Ich bitte dich, schweige still, und störe mich nicht!

AQUILAR immer heftig. O Himmel, deine Geduld! sie fehlt mir noch zu meiner Ungeduld.

PONCE. Fernand – in mir ist eine fürchterliche Sanftmut, und eine große Ruhe schlummert in mir – wecke sie nicht.

AQUILAR. Der große Riese Faulheit schläft in dir – o den erwecken Kanonen nicht – und wahrlich, ich möchte es, es ist mir recht zum Totschlagen – o brave, fabelhafte Zeit! wo bist du? Ich möchte Alt-Kastilien von ein halb Dutzend Lindwürmer säubern.[258]

PONCE. Fernand! du bist es, der alles verdorben hat; du hast durch deinen Vorwitz der Mädchen Ehre gekränkt.

AQUILAR. Brav, ich habe deiner Göttin Ehre gekränkt – laß es eine Herausforderung sein!

PONCE. Ich fordre keinen Menschen mehr heraus, und wisse es, von mir ist ebenso in Zukunft nichts zu fordern – das ist vorbei!

AQUILAR heftig. Vorbei? Vorbei? Ins Teufels Namen seis vorbei! In mir brennt helle Wut – o Ponce, ich bitte dich, laß dich erbittern!

PONCE. Erbittern wird dein Zorn mich nie. So laß mich ruhn! In meinem Herzen ist ein wunderbares Leben, meine Liebe wird zu Grabe getragen, und alle guten Wunsche meiner Seele wandeln mit. Sei ruhig, Aquilar, o! störe nicht den feierlichen Zug. Bald wirds vorüber sein, dann bin ich einer wie die andern alle, habe weiter keine Sehnsucht mehr, mein Leben hinzupflanzen in seinen eignen Boden, wo es nur gedeiht; dem ersten Besten gebe ich mich hin, und sollte nicht der König und sein Land das erste Beste sein?

AQUILAR spottend. Bei Gott! das ist erbaulich – so wollte ich doch lieber vor Liebchens Tür erfrieren! Höre, Ponce, hast du dir auch schon einen Hund gekauft, der sich auf des Helden Grab zu Tode hungert?

PONCE. Der Liebe Haus hat keine Tür als Auf- und Untergang. Den Hund? Ich werde mir ihn kaufen, um jenen auf das Maul zu schlagen, die von Freundschaft sprechen.

AQUILAR. Brav, es wird, es wird! Das war bitter – Sieht an die Statue. Da liegen ja auch Pfeifen, um die Liebe auszupfeifen; gieb Achtung, Freund, ich blase deiner Liebe einen Leichenmarsch.

PONCE. O lasse diese Pfeifen ruhn, denn sie regieren diese Welt. – Auspfeifen kannst du die Liebe nimmer, da jeder Ton die Liebe ist, welche den Mensch auspfeift.

AQUILAR. Die Pfeifen regieren die Welt? So habe ich denn endlich die Welt unter den Fingern, ich will mich rächen und sie an falschen Tönen verzweifeln lassen – Nimmt die Pfeife.

PONCE. Lasse ab, ich bitte dich; wer nicht liebt, versteht die Töne nicht, – o blase nicht! Aquilar lamentiert auf der Pfeife.[259] O höre auf, gieb unsrem stummen Mißton keine Worte! Aquilar dudelt fort. Ich bitte, Aquilar, hör auf! o laß den Riesen meines Unmuts schlummern – ich sage dir, du erbitterst mich.

AQUILAR. So habe ich das Mittel doch gefunden – ei, ich wäre doch begierig, das zu sehn – dein Übel wäre also nichts als die schlummernde Disharmonie. Dudelt und läuft um die Statue herum.

PONCE erbittert, läuft ihm nach. Ich sage, steh, du empörst mich – Steht. O Gott! o Isidora! – warum hat dieser Tor dich von mir gewendet? Höre auf! – Aquilar auf der andern Seite dudelt fort. O alle Mächte, infamer Mensch, stehe still, du rennst in meinen Degen! Er zieht.

AQUILAR wirft die Pfeife weg und zieht. Gut! so wollt ich dich, zwei Leben vor der Klinge – Fechten. Komm, braver Ponce! laß unsrer Liebe ein Ende machen – Fällt aus. Isidora, ich bohre ein Loch in deine Residenz, daß du herauskannst!

PONCE. Melanie, dein schlechter Tempel stürze über dir zusammen. Fechten.

AQUILAR. Du fichst so matt; warte, ich will dich reizen. Springt hinter die Statue, nimmt die Pfeife in den Mund und ficht dudelnd.

PONCE. Teufel – !


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 258-260.
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